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■ Mexikos Guerilla bittet zur AbstimmungEin politischer Schachzug neuen Stils

Die zapatistische Guerilla Mexikos (EZLN) hat sich wieder etwas einfallen lassen: Just in dem Land, wo bisher noch alle Wahlen den Vorwurf des Betrugs nach sich zogen, soll ein landesweites Referendum die Guerilla wieder ins Gespräch bringen, ja gar ein Votum über deren weiteres Schicksal abgeben. Dabei sind die Abstimmungs-Fragen bis auf die eine nach der Zukunft der Guerilla rhetorisch. Entscheidend ist, wie viele Menschen sich an der mit großem Aufwand organisierten Abstimmung beteiligen – denn sie alle bekunden damit, daß die Themen, die die Regierung Salinas bei den ersten Verhandlungen im Frühjahr 1994 nicht mit der Guerilla hatte diskutieren wollen, dringend auf die politische Tagesordnung gehören: Demokratisierung, Landreform, Wahlrechtsreform...

Wenn alles so läuft, wie es sich die OrganisatorInnen des Referendums überlegt haben, dann bringt das Ergebnis die Regierung wieder ein bißchen unter Druck. Die Zapatistas, die sich seit der Regierungsoffensive im Februar arg in Bedrängnis sahen, könnten Atem schöpfen – erneut wäre es ihnen gelungen, ohne militärische Aktion in die politische Offensive zu gelangen und vielleicht die festgefahrenen Gespräche mit der Regierung neu zu beleben.

Das Referendum ist so gesehen ein anders formulierter Solidaritätsappell, ein Propagandatrick, in jedem Falle ein geschickter politischer Schachzug. Aber es ist doch mehr. Die EZLN dokumentiert erneut, daß sie einen anderen Politstil pflegt als alle Vorgänger-Guerillas in der lateinamerikanischen Geschichte – von Sandino über Farabundo Marti bis zu Che Guevara. All jene sahen nur die Möglichkeit der bewaffneten Erhebung bis zur Machtübernahme – der unbewaffnete Kampf sollte dabei bestenfalls eine unterstützende Rolle spielen. Die EZLN hingegen wäre zwar ohne den bewaffneten Aufstand niemals wahrgenommen worden – aber die Waffen sind für sie nicht die einzige, sondern tatsächlich die ultima ratio.

Und noch etwas zeigt die Abstimmung – im Zuge der Solidarität mit den Zapatistas hat sich in Mexiko längst eine neue Oppositionskultur herausgebildet. Wenigstens für die eine Hälfte der MexikanerInnen, die schon bei den letzten Wahlen für Veränderung stimmten, ist der ewig regierende Apparat der Staatspartei PRI nichts Unangreifbares mehr. Der Einfallsreichtum, mit dem die Guerilla alle Register der politischen Öffentlichkeitsarbeit zieht, hat dazu wesentlich beigetragen. Bernd Pickert

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