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Stadtwerkeverkauf: Bonn verdient mit

■ ...und Bremen verliert fast 22 Millionen Mark pro Jahr / Finanzsenatoren übersahen Steuern

Die Hälfte der Bremer Stadtwerke sind verkauft, doch nun kommt ein kleiner Katzenjammer. Der Grund: Bonn verdient durch den Verkauf kräftig mit, denn nun müssen die Stadtwerke etwas tun, was sie vorher nicht tun mußten: Steuern zahlen, und zwar nicht zu knapp.

Vor dem Verkauf konnten durch einen unternehmerischen Kniff alle Stadtwerkegewinne mit den Verlusten der Bremer Straßenbahn AG verrechnet werden. Nun muß der Energieversorger mehr als 12 Millionen Mark ins Bonner Staatssäckel abführen. Die fehlen hernach in der Landeskasse. Sie fehlen genauso, wie die Stadtwerkegewinne, die nun an die neuen Anteilseigner gehen. Summasummarum kostet Bremen der Verkauf 21,7 Millionen Mark. Die Zahl kam bei einer Anfrage des Grünen-Abgeordneten Ralf Fücks während der letzten Sitzung der Stadtbürgerschaft heraus.

Vor dem Verkauf der Stadtwerkeanteile waren die finanziellen Verhältnisse relativ klar: Alles, was der Energieversorger an Gewinnen abgeworfen hat, ging direkt in die Kassen der Bremer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH, eine Holding für BSAG und Stadtwerke. Der Sinn dieser Konstruktion: Die Stadtwerke machten Gewinne und die BSAG fuhr Verluste ein, rund 144 Millionen Mark im letzten Jahr, Tendenz steigend. Diese Verluste schluckten die Stadtwerke-Gewinne mühelos, der Rest wurde aus dem öffentlichen Haushalt finanziert – und die BVV mußte, weil sie unter dem Strich eine Verlustfirma war, keine Steuern abführen.

Jetzt ist alles anders. Seit dem Verkauf von 49,9 Prozent der Stadtwerke-Anteile ist die BVV steuertechnisch mausetot. Denn die neuen Anteilseigner wollten sich natürlich auch direkten Einfluß bei den Stadtwerken sichern. Da paßte eine alles beherrschende Holding nicht mehr so recht ins Bild. Und das bedeutete die Auflösung des „Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages“, der die Stadtwerke an die BVV kettete.

Dumm nur, daß damit auch die Steuerfreiheit wegfiel: Wenn die Stadtwerke dieses Jahr ihren Wirtschaftsplan einhalten und 40 Millionen Mark Ertrag erwirtschaften, dann müssen sie 15,8 Millionen beim Finanzamt abliefern, und davon darf Bremen gerade mal 3,4 Millionen behalten. Der Löwenanteil von 12,4 Millionen Mark geht an den Bund und die anderen Länder.

Nach dem Wirtschaftsplan werden die Stadtwerke am Jahresende rund 21 Millionen Mark Dividende ausschütten. Doch weil Bremen fast die Hälfte seiner Anteile verhökert hat, bleiben beim Land nur noch 11,7 Millionen Mark hängen. Macht zusammen ein Einnahmenloch von 21,7 Millionen Mark.

Letzter Teil der Rechnung: Mit den eingenommenen 684 Millionen Mark aus dem Stadtwerkeverkauf hat Bremen Schulden getilgt, für die das Land rund 50 Millionen Mark Zinsen gezahlt hätte. Dieser „Gewinn“ für den Landeshaushalt, der eigentlich nur ein nicht gemachter Verlust ist, war eines der Argumente für der Verkauf. Das schrumpft nun auf weniger als 30 Millionen zusammen. Geblieben sind dafür die BSAG-Verluste, die im Zweifel komplett aus dem chronisch rachitischen Landeshaushalt gedeckt werden müssen.

„Das war unsere Kritik von Anfang an“, kritisiert Fücks. „Das war doch von vornherein klar“, kommentiert Günter Dannemann, Staatsrat beim Finanzsenator. Wessen Position schlauer ist, das muß sich allerdings erst noch erweisen. Die Dannemänner in der Landesregierung hoffen, daß es die neuen Anteilseigner schaffen, den ehrgeizigen Plan der Stadtwerke zu realisieren, die Gewinne in jedem Jahr um zehn Millionen zu steigern. Dannemann: „Die sind auf einem guten Weg.“ Dann nämlich würden auch die Dividenden für die bremischen Anteile steigen und die BSAG-Belastungen ein wenig mehr aufgefangen.

Die Fückse halten dagegen, diese Ertragssteigerung hätte Bremen auch alleine oder mit einem Anteilseigner geschafft, der nur 24,9 Prozent, statt der tatsächlich verkauften 49,9 Prozent der Anteile hält. Dannemann dazu: „Das haben die Stadtwerke doch 20 Jahre lang nicht geschafft.“ J.G.

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