: Und ruhig rieselt und rottet das Reet
■ Moorburger Elbdeich 349: Abriß oder Wohnprojekt für sozial Schwache? Von Heike Haarhoff
Efeuranken haben die vordere Hauswand erobert, ein paar alte Häkelgardinen in den Fenstern erinnern an längst verzogene BewohnerInnen, vom Dach rieselt das Reet und bei Regen bilden sich kleine Pfützen auf dem Speicher. Der langsame Verfall des Bauernhauses am Moorburger Elbdeich 349 ist „nur ein Beispiel für die bewußte Zerstörung Moorburgs“, kritisiert Rainer Böhrnsen, Sprecher der Initiative „Die Moorburg“, die städtische Politik. „Hier wird absichtlich nichts getan, um später gute Argumente für den Abriß zu haben.“
Dabei gibt es Interessenten, die das Haus für ein Wohnprojekt nutzen möchten und hierzu bereits Pläne entwickeln: Der Hamburger Verein Oase, der sich für Obdachlose einsetzt, sucht dringend nach einer Unterkunft für sieben Personen. Das 200 Jahre alte Moorburger Bauernhaus – mit einer Grundfläche von 133 Quadratmetern allein im Erdgeschoß – wäre hierfür „ideal“, sagt Oase-Sprecher Manfred Jensen.
Die gemeinnützige Lawaetz-Stiftung, die die bauliche Projekt- und Sanierungsberatung übernehmen würde, arbeitet derzeit an einem Instandsetzungskonzept. Finanziert werden könnte die Sanierung über städtische ABB-Mittel (alternative Baubetreuungsmittel), falls der Stadtentwicklungsbehörde das ganze Unternehmen wegen der ungesicherten Zukunft nicht zu riskant ist.
Moorburg gehört zum Hafenerweiterungsgebiet. Bis zum Jahr 2015 gibt es eine Nutzungsgarantie für die Häuser, die zum Großteil im Besitz der Stadt sind. Danach ist alles ungewiß. „Deshalb ist es schwierig, einen Investor zu finden“, sagt der Leiter der Harburger Liegenschaftsverwaltung, Karl-Heinz Kotteck.
Vor 14 Tagen trafen sich Lawaetz-Stiftung und Oase zur ersten Begehung. Die Saga als Gebäude-Verwalterin erschien nicht zum vereinbarten Termin. Das ist nur ein Grund, weshalb befürchtet wird, daß die Stadt ihre Abrißpläne nicht verworfen hat. Peter Sielaff, Ortsamtsleiter Süderelbe, versichert zwar das Gegenteil, aber: „Schon jetzt rechnen wir mit Kosten von mindestens 700 000 Mark“, sagt Peter Hiemstra von der Lawaetz-Stiftung. Die SAGA hält dagegen 434 400 Mark für ausreichend. Hiemstra: „Wenn in diesem Jahr nichts passiert, ist das Haus hinfällig.“
Und genau darauf spekuliert die Stadt, vermutet Rainer Böhrnsen: Mitte Februar bat die Harburger Liegenschaftsverwaltung in einem Schreiben an den Bezirksamtsleiter, die Möglichkeit des Abrisses „aus Gründen der Wirtschaftlichkeit“ zu überprüfen. „Wir stellen jetzt erstmal die nötigen Anträge und sehen dann weiter“, bleibt Hiemstra entschlossen.
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