■ Straßmanns kleine Warenkunde: Die Wärmflasche
Es gibt nichts Schöneres, als mit den Händen nach Herzenslust auf einem fremden Bauch herumzudrücken, bis er gluckert. Höchstens im Arm einen schlummernden Säugling zu schaukeln ist noch schöner. Oder warme Füße in meinem Bett zu haben, die definitiv nicht meine eigenen sind, die sind nämlich kalt. Aha: es gibt also sehr viel Schönes in der Welt. Aber meist ist es gerade nicht da, wo ich bin. Schon gar nicht in der Häufung.
Die Wärmflasche, sagt der Anschein, ist dazu da, daß sich menstruierende Frauen damit am hellichten Tage aufs Sofa zurückziehen. Die Wärmflasche also spricht zum Nichtmenstruierenden wie folgt: „Schau her, dieses Leiden! Dieses Krümmen! Dieses Anämische! Geh hin und spül, putz das Klo, kauf ein und bring das Kind ins Bett!“
Noch niemand hat die Einsamkeit des Nichtmenstruierenden besungen. Während direkt neben ihm Mondkräfte wirken und die Natur wird und vergeht, hat er nicht mal die Wärmflasche. Die Rettung wäre eine zweite Wärmflasche. Auf zu zwei Dritteln mit 70 Grad heißem Wasser gefüllten Wärmflaschen kann man herumdrücken, bis es gluckert. Man kann sie schaukeln. Man kann sie an die kalten Füße schieben und ist glücklich. Diese Häufung!
Der Markt (der dumme!) hat sich natürlich gerade eben nicht auf die Nichtmenstruierenden geworfen. Er hat sich auf die Kinder geworfen. Er bietet Kinderwärmflaschen an. Sie sind im wuscheligen Plüsch-Elchen und Plüsch-Bären verborgen, auf die die Kinder fliegen. Die Wärmflaschen selbst werden nie gebraucht. Kinder haben Eigenwärme.
Die größten Wärmflaschen wären mit heißem Wasser gefüllte statt aufgeblasene Sexpuppen, das wäre gewiß ein enormer Thrill. Man würde ihnen mit Gewinn auf dem Bauch herumdrücken. Man könnte sie schaukeln. Man könnte mit dem Kloputzen eine Woche warten. Man würde ihnen einen Scotch anbieten. Die Sexpuppen im Chor: „On the rocks, please.“ Das „please“ würde sehr verwöhnt klingen.
Aber o Schreck, das Eisfach wäre leer. Nun, da hätten wir den Eiswürfelservice E. Ahrens in 27729 Vollersode, „Verkauf von Eiswürfeln in jeder Menge. Ab 100 kg frei Haus.“ Man würde 100 Kilo nehmen. Die Sexpuppen (verheißungsvoll): „Heiß auf Eis!“ Man würde versuchen, eine Wärmflasche aufzublasen, bis sie platzt. Die Sexpuppen würden begeistert in Ohnmacht fallen. Wieder ein Tag gerettet! BuS
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