Die Kleinen: Chaos, Hanf und Ekstase
■ „Hanf Liga“ für dröhnende Zukunft
Kein Joint zur Begrüßung, statt Grastee gibt's nur Pfefferminze. Gekifft wird ein anderes Mal, Wahlkampf im Chaos- Prinzip ist angesagt bei der „Hanf Liga“. Vor einem halben Jahr haben Kathrin Gebhardt und Petra Konrad die Partei mit inzwischen 60 Aktiven gegründet. Geld haben sie keines, Büroräume auch nicht, aber dafür einen Haufen Pläne. „Mindestens fünf Prozent“ sollen es werden am 22. Oktober.
Erstes Gebot: „Legalize it“. Die Nutzpflanze Hanf soll aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen werden. Doch alte Kifferparolen hat das Wahlprogramm längst hinter sich. Als „Botschafterin einer globalen Revolution“ hat sich die „Hanf Liga“ innovative Technologien auf die Fahnen geschrieben: Energiegewinnung durch Hanf- Kraftwerke, Ersatz fossiler Brennstoffe durch nachwachsende Rohstoffe.
Was in Deutschland die Angst vor der Droge verhindert, gehört in anderen Ländern längst zum Alltag: Hanfanbau zur Herstellung von Papier und Textilien, von Möbeln, Farben und Waschpulver. Der Vorteil: Hanf wächst ohne Einsatz von Pestiziden und läßt sich problemlos entsorgen. Auch Ärzte verschreiben immer öfter Hanf- Produkte gegen Rheuma und Bronchitis, Epilepsie und Krebs. Kein Wunder also, so Kathrin Gebhardt, daß Pharmakonzerne Druck machen gegen den neuen Trend.
Verkehrschaos und „Mobilitätswahn“ – auch das muß nicht sein, meint die „Hanf Liga“. Eine autofreie City und Steuervorteile für Radfahrer fordern die Hänflinge, von denen einer selbst mit dem Auto gekommen ist. Ob Fahrradbremsbeläge aus Hanf etwas taugen, wird am 7. Oktober bei einer Frühstücksparty im „Quasimodo“ getestet.
Im Land der „Hanf Liga“ werden alle rauchen, was das Zeug hält, und ein Grundeinkommen von 1.200 Mark haben. Wer unbedingt möchte, kann arbeiten gehen. Alle anderen dürfen weiterschlafen – auf Staatskosten natürlich. Neue Geldquelle: eine Mehrwertsteuer zwischen 0 und 500 Prozent. Unsozial? Scheißegal. Hauptsache, umwelt- und „gesellschaftsschädliche“ Produkte werden vom Markt gefegt.
Wenn Kathrin Gebhardt erst am Ruder ist, werden wir in einer „dezentralisierten Gesellschaft“ leben, alle einen Internetanschluß haben und es wird immer „Freiräume für Glück und Ekstase“ geben. Mit fertigen Joints als Postwurfsendung vielleicht? Wer könnte da nein sagen. Constanze v. Bullion
wird fortgesetzt
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