: Grünes Licht für Rot-Schwarz
■ SPD-Delegierte stimmen für Kooperationsgespräche mit CDU
Die Bundestagsabgeordnete Ilse Janz hatte sich für SPD-Unterbezirks-Delegiertenversammlung am Montag abend in Bremerhaven in Schale geworfen: grünes Kleid zu rotem Pagenkopf dazu schwarze Strümpfe und Stöckelschuhe. „Ich hab' mich extra so angezogen – nicht daß ihr denkt, ich hätte eine neue Lieblingsfarbe“, sagte Janz, die sich als ehemalige SPD-Landesvorsitzende stets für rot-grün stark gemacht hatte. „Verantwortung heißt für uns jetzt aber, daß wir Gespräche mit der CDU...“, rief sie. Ihre letzten Worte gingem im Klopfen und Klatschen der GenossInnen unter. Wenig später gab die Mehrzahl der 95 Delegierten grünes Licht für eine rot-schwarze Verhandlungsrunde. Zehn GenossInnen stimmten dagegen – einer enthielt sich.
Damit wird eine Große Kooperation in der Seestadt immer wahrscheinlicher. Gestern abend setzte sich die CDU mit der SPD wieder an den Verhandlungstisch. Am 23. Oktober sollen die GenossInnen über die Ergebnisse informiert werden. Danach wollen die Sozialdemokraten endgültig entscheiden, ob sie künftig mit der CDU kooperieren wollen. Jörg Schulz, neuer Fraktionschef der SPD, wirkte optimistisch. In den Sondierungsgesprächen habe er jedenfalls „keine unüberwindbaren Hürden“ zwischen CDU und SPD feststellen können“, betonte er gegenüber den GenossInnen.
Daß die das auch so sehen würden, war am Anfang der Delegierten-Sitzung nicht abzusehen. „Wir sind aus der Verantwortung herausgewählt worden“, widersprach Reinhard Janz seiner Frau. „Wir dürfen uns jetzt nicht zum Junior-Partner der CDU machen lassen.“ Die SPD gehöre in die „Opposition“ und müsse sich dort „regenerieren“. „Wir dürfen unser Gesicht nicht ganz verlieren“, pflichtete ihm Wolfgang Schwendler bei. „Wenn wir jetzt in eine große Koaltion einwilligen, kriegen wir in vier Jahren die Quittung und sind weg vom Fenster“, prognostizierte auch Elisabeth Grunenberg.
Doch diese Appelle schienen die GenossInnen nicht zu erreichen: Sie hielten ein Schwätzen mit ihren NachbarInnen, pausierten auf dem Flur des Stadtwerke Casinos oder gingen nach Hause. Die SPD dürfte „sich gerade jetzt nicht aus der Verantwortung stehlen“ mahnte Ilse Janz die SPD'ler und ihren „geschätzen Genossen Gatten“. „Die Verhandlungsposition der SPD ist nicht so schlecht, schließlich ist die jetzige CDU die schlechteste und schlappeste Opposition gewesen, die es je in Bremerhaven gegeben hat.“ Im Falle einer grün-schwarzen Kooperation hätten die Deutsche Volksunion (DVU) und die Wählergemeinschaft Arbeit für Bremen (AfB) neue Profilierungschancen, gab der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Bruns zu bedenken. „Und wir müssen dafür sorgen, daß die DVU aus der Stadtverordnetenversammlung rausfliegt.“
Lange stritten sich die GenossInnen auf dem Rednerpult, die Buhmänner für ihre Wahlniederlage fanden sie um so schneller: Skribelka und Konsorten haben das Image der SPD ramponiert. Daß sie sich zu Stadtältesten kürten, nach Genua reisten und die Stadtverordnetenwahl von der Bürgerschaftswahl abgetrennt haben, sei wie ein Bumerang auf die Partei zurückgefallen. „Die Bürger haben ihre Partei nicht verstanden“, jammerte Brigitte Lückert, stellvertretende UB-Vorsitzende ins Mikrophon. „Persönliche Interesse und Personaldebatten dürfen in Zukunft keinen Stellenwert mehr haben“, forderte sie. Lückert vertrat ihren Vorsitzenden Uwe Beckmeyer, der auf Dienstreise von Seoul nach Tokyo jettete.
„Die haben der Sozialdemokratie bewußt geschadet“, jaulte auch Bruns. „Man muß die Schuld auch bei sich selber suchen“, insistierte hingegen Janz. „Schließlich war es auch unsere Politik, die so lange zu halten.“ kes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen