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Die Auslese erfolgt bereits im Reagenzglas

■ Pariser Reproduktionsmediziner gerät wegen neuer Methode unter Beschuß

Der in Frankreich wohl bekannteste Gegner der künstlichen Befruchtung, Jacques Testart, ist jetzt selbst in das Kreuzfeuer der Kritik geraten. Der Vorwurf: Er habe eine neue Behandlungsmethode an mehreren kinderlosen Paaren ausgeführt, ohne daß sie vorher in Tierversuchen ausreichend getestet worden sei. Testart, der in Paris ein Labor des Nationalen Forschungsinstituts für Medizin und Gesundheit (Inserm) leitet, hatte eigenmächtig die ohnehin nicht unumstrittene Mikroinjektion, bei der mittels einer Glaskanüle ein einziges Spermium in die Eizelle eingeführt wird, in medizinisches Neuland geführt. Der Pariser Mediziner, der vor vier Jahren noch ein Moratorium zur In-vitro-Fertilisation (IVF) forderte, weil er befürchtete, sie werde zu einer Menschenauslese führen, hatte bei seinen Befruchtungsversuchen nicht wie sonst üblich ein ausgereiftes Spermium in die Eizelle injiziert, sondern unreife, noch nicht vollständig entwickelte Vorläuferzellen aus den Keimdrüsen.

Zwei seiner Patientinnen haben zwar inzwischen gesunde Kinder zur Welt gebracht, doch die Kritik reißt nicht ab. Für Axel Kahn, Direktor am Inserm-Institut für molekulare Genetik in Paris, ist Testarts Vorgehen „das größte ethische Problem“ seit der Entwicklung der künstlichen Befruchtung. Die Versuche, so Kahn, würden eindeutig gegen den Nürnberger Kodex von 1946 verstoßen. Dort ist festgelegt, daß eine neue Behandlungsmethode vor der Anwendung am Menschen erst in Tierversuchen überprüft werden muß. Während Testart versichert, seine Methode sei sicher, befürchten seine Berufskollegen, daß durch die willkürliche Auslese ein genetisch geschädigtes Spermium in die Eizelle eingeführt wird. Vor allem, wenn auf Vorläuferzellen zurückgegriffen werde, könne man nicht erkennen, ob das Spermium überhaupt in der Lage ist auszureifen. Wolfgang Löhr

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