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Algerische Islamisten drohen Jacques Chirac

■ Das Vorhaben des französischen Premiers, den algerischen Präsidenten Zeroual zu treffen, ist in Frankreich hart umstritten. Eine gefährliche Parteinahme?

Paris (taz) – Am Tag nach dem neuen Bombenanschlag in der Pariser U-Bahn rückte gestern das geplante Treffen von Jacques Chirac mit dem algerischen Präsidenten Liamine Zeroual ins Zentrum der Auseinandersetzung. Während die Kritiker, die sich sowohl im Lager der sozialistischen Opposition als auch im Inneren der französischen Regierung finden, von einer gefährlichen Parteinahme in dem algerischen Konflikt sprechen, betonen die anderen, daß es sich um einen „ganz normalen diplomatischen Akt“ handele, daß Chirac sich in keiner Weise einmische und daß Frankreich sich seine Politik nicht von Terroristen diktieren lasse. Im Gegenzug stellten Anhänger Chiracs im französischen Parlament die USA und Deutschland wegen ihrer „Freundschaft“ zur Islamischen Heilsfront (FIS) an den Pranger.

Deutliche Worte spricht ein gestern von der in London herausgegebenen arabischsprachigen Zeitung Ascharq al-Awsat zitiertes Kommuniqué der „Bewaffneten Islamischen Gruppe“ (GIA) mit vier „Forderungen“ an die französische Regierung: Sie solle das Treffen von Jacques Chirac mit Algeriens Präsident Liamine Zeroual absagen, die Beziehungen zu Algerien abbrechen, die Finanzhilfe einstellen und die algerischen Präsidentschaftswahlen vom 16. November verurteilen. Woher das Dokument stammt und seit wann Frankreichs Regierung es kennt, schrieb die Zeitung nicht.

Die GIA, die sich schon zu den bisherigen Bombenattentaten bekannte, hat in den vergangenen Monaten immer wieder mit Gewalt gedroht. Am 13. Oktober veröffentlichte das in Europa erscheinende GIA-Bulletin El Ansar zu dem Bild des brennenden Eiffelturms eine Eloge auf den „Märtyrer Khaled Kelkal“, worin der wegen seiner Verwicklung in mindestens ein Attentat gesuchte und inzwischen von der französischen Polizei erschossene junge Mann aus Lyon als „Beispiel für den Dschihad“ – den „heiligen islamischen Krieg“ – bezeichnet wird.

Schon seit dem ersten Attentat am 25. Juli wurden die Täter in den Reihen der GIA vermutet. Neben den bislang nicht als verläßlich eingestuften Kommuniqués der GIA selbst hatte die regierungsnahe algerische Tageszeitung La Tribune auf diese Fährte geführt. Sie hatte schon am 1. Juli über ein Kommando von fünf Algeriern berichtet, das über Bosnien nach Frankreich gereist sei, um dort Attentate und Morde zu verüben. Über den Zusammenhang zwischen diesem angeblichen Kommando, der „Gruppe Kelkal“, die in Lyon beheimatet ist, und den Kommandostrukturen der GIA rätseln die französischen Ermittler.

Am 10. Oktober hatte Präsident Chirac sein Vorhaben bestätigt, den algerischen Präsidenten zu treffen: Er habe Zeroual „viel zu sagen“ – über den Dialog, die Vernunft und die Demokratie. Chirac betonte, daß er den „Staatschef Zeroual“ auf dessen ausdrücklichen Wunsch am Rande des Festaktes der UNO zu ihrem 50jährigen Bestehen in New York treffen werde. Zahlreiche Sprecher der algerischen Opposition hatten umgehend kritisiert, daß das New Yorker Treffen zeitgleich mit der Eröffnung des Wahlkampfes für die algerischen Präsidentschaftswahlen am 16. November erfolge. Als sicherer Sieger gilt der Exgeneral und gegenwärtige Präsident Zeroual. Dorothea Hahn

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