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Erst mal abschieben, danach anhören

Ein neuer Gesetzentwurf des britischen Innenministers Michael Howard soll die Rechte von AsylbewerberInnen radikal beschneiden – der Tory-Wahlkampf hat begonnen  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

In welchen Ländern Menschen aus politischen Gründen verfolgt werden, entscheidet künftig die britische Regierung. Algerien, Nigeria und Sri Lanka gehören jedenfalls nicht dazu. Das geht aus einem internen Kabinettspapier für Tory-Abgeordnete hervor, das dem Guardian zugespielt worden ist. Das Papier enthält eine sogenannte weiße Liste von Ländern, die als „sicher“ eingestuft werden. Wenn das von Innenminister Michael Howard entworfene Asylgesetz in Kraft tritt, dann brauchen AsylbewerberInnen aus solchen Staaten erst gar nicht nachzufragen.

Das Gesetz besteht aus vier Teilen. Der erste Teil – die Streichung der Sozialhilfe für 50.000 AsylbewerberInnen – ist bereits vom Kabinett verabschiedet, der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Ablehnung des Asylantrags wird in den nächsten Wochen gekippt.

Darüber hinaus sieht Howards Plan vor, daß AsylbewerberInnen erst dann Berufung gegen die Ausweisung in ein „sicheres Drittland“ einlegen dürfen, wenn sie bereits deportiert worden sind. Schwierigkeiten hatte der Innenminister bisher lediglich mit dem Bußgeld für Unternehmen, die illegale ImmigrantInnen beschäftigen. Seine Kabinettskollegin, die Arbeitsministerin Gillian Shephard, lief dagegen Sturm, weil diese Maßnahme potentiell rassistisch sei, aber vor allem, weil den Arbeitgebern damit eine zu große Bürde auferlegt werde. Howard hat diesen Punkt nun modifiziert und „im Prinzip Zustimmung“ im Kabinett bekommen, hieß es am Dienstag abend.

Das gesamte Asylpaket soll nächste Woche ins Parlament eingebracht werden. Es ist zentraler Bestandteil der Rede, die Königin Elisabeth am 15. November zur traditionellen Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des Parlaments halten wird. Die „weiße Liste“ soll den Tory-Abgeordneten offenbar als Argumentationshilfe dienen, wenn der Regierung Rassismus und Verstoß gegen die UN- Flüchtlingskonvention vorgeworfen wird.

In einem internen Bericht empfahl das unabhängige Konsultationsbüro Peat Marwick dem Innenministerium vor kurzem eine solche Liste, fügte jedoch hinzu, daß „diese Option politisch nicht leicht“ durchsetzbar sei. Aus Algerien, Nigeria und Sri Lanka, die Howard neben weiteren Ländern als „sicher“ einstufen will, haben bisher 6.100 Menschen Asylanträge in Großbritannien gestellt.

„Jeder Asylantrag beruht darauf, daß er individuell bewertet wird“, sagte Nick Hardwick, der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates. „Howards Entwurf wird zu Verallgemeinerungen führen und das Risiko erhöhen, daß Asylbewerber in den Tod geschickt werden oder auf den Straßen Großbritanniens verhungern müssen.“

Das Asylpaket gehört offenbar schon zum Wahlkampf der von den WählerInnen gebeutelten Tories. Andrew Lansley, der Chef der Forschungsabteilung bei den Konservativen, hat vor kurzem eingestanden, daß das Thema bei den letzten Parlamentswahlen im Jahr 1992 entscheidend zum Wahlsieg der Tories beigetragen habe.

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