: Irischer Arzt als heimlicher Sexfilmer enttarnt
■ Merkwürdige Untersuchungsmethoden eines Mediziners: Jahrelang machte er bei gynäkologischen Untersuchungen Videoaufnahmen. Keine seiner Patientinnen zeigte ihn an
Dublin (taz) – Jahrelang hat er seine Patientinnen bei gynäkologischen Untersuchungen heimlich gefilmt. Als die Sache jetzt herauskam, ist der Arzt aus der südirischen Stadt Cork im Ausland untergetaucht. Die irische Polizei hat ihn europaweit zur Fahndung ausgeschrieben. Sein Name wurde den Medien aus juristischen Gründen zwar nicht mitgeteilt, doch die meisten Zeitungen haben sein Foto abgedruckt. Er ist Mitte siebzig, im Juni hat er sich zur Ruhe gesetzt.
Nach einem anonymen Hinweis hatte die Polizei im Haus des Arztes eine Reihe von Videobändern sichergestellt, die er mit versteckter Kamera in seiner Praxis aufgenommen hatte. Als im Fernsehen darüber berichtet worden war, meldeten sich vorgestern 35 ehemalige Patientinnen beim Beratungszentrum für vergewaltigte Frauen und erzählten von den merkwürdigen Untersuchungsmethoden des Arztes. So mußten sie sich selbst bei Halsbeschwerden stets nackt ausziehen. Außerdem bestand er häufig auf ausgedehnte gynäkologische Untersuchungen, selbst wenn dafür gar kein Anlaß vorlag. Zahlreiche Fälle liegen bereits 30 Jahre zurück. Die meisten der Anruferinnen äußerten Befürchtungen, daß der Arzt einen Handel mit den Videos betrieben haben könnte. Das werde man vorerst wohl nicht herausfinden, sagte Justizministerin Nora Owen, die sich am Dienstag vor Ort über den Fall informiert hat.
Anfang der siebziger Jahre war der Arzt für die Ausbildung von Krankenschwestern an einem innerstädtischen Krankenhaus in Cork zuständig. Er unterzog die Schwesternschülerinnen vor dem Examen regelmäßig einer gynäkologischen Untersuchung. Als einige von ihnen bei der Krankenhausleitung protestierten, ordnete die Direktorin der Klinik an, daß die Untersuchungen nur noch unter Aufsicht durchgeführt werden durften.
Mary Crilly vom Beratungszentrum für vergewaltigte Frauen sagte gestern, sie sei vor zehn Jahren auf den Arzt aufmerksam gemacht worden. Da jedoch keine der Frauen bereit war, gegen ihn auszusagen, konnte sie nichts unternehmen. „Die Vorstellung, daß Patientinnen, die ihrem Arzt vertraut haben, auf diese Weise sexuell mißbraucht wurden, ist einfach widerlich“, sagte Crilly und forderte die Frauen auf, Anzeige zu erstatten. „Es reicht nicht, sich bei uns zu beschweren, wenn etwas gegen den Mann unternommen werden soll.“ Inspektor Joe Long, der die Ermittlungen in Cork leitet, hat versprochen, daß ausschließlich Polizistinnen eingesetzt würden, um die Aussagen der betroffenen Frauen zu protokollieren. Ralf Sotscheck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen