Kommentar: Der Bürger stört
■ Amtlicher Umgang mit der Kundschaft
Was ist der größte Unterschied zwischen staatlicher und privater Dienstleistung? Ein normales Unternehmen freut sich über Kundschaft, beim Staat stört sie. Auch schon zu Zeiten der Karteikästenwirtschaft war nie recht zu verstehen, warum die Bremer Meldestellen schon wieder geschlossen hatten, bevor die meisten BürgerInnen vorbeikommen konnten. Für jede Ummeldung oder Beantragung eines Reisepasses war ein Urlaubstag fällig. Und dann mußte man sich auch noch in der Schlange vor dem „Buchstaben A-F“ einreihen, obwohl nebenan bei O-S alles leer war.
Jetzt haben die Bremer Meldestellen eine nagelneue Computertechnik. Die Zuordnung nach Buchstaben ist nicht mehr nötig, an jedem Arbeitsplatz kann jede Aufgabe sofort und „on-line“ erledigt werden. Endlich wäre nun auch beim Staat möglich, was zum Beispiel in Reisebüros seit Jahren selbstverständlich ist: umfassende Kundenbetreuung ohne Warteschlange täglich von 9 bis 18.30 Uhr, vom Samstag ganz zu schweigen.
Aber sowas geht natürlich nur, wenn man sich über Kundschaft freut, anstatt sie als Störung bei der Kaffeepause zu erleben. Geschürt wird diese Ignoranz im Amt von einem Personalrat, der Kundenfreundlichkeit offenbar lediglich als Einschränkung von Arbeitnehmerrechten begreift. Und von einem Senator, der sich solchen Argumenten kampflos beugt. Dirk Asendorpf
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