: Die Suche nach den originären Rechten
Dürfen Europapokalspiele zentral vermarktet werden? Auch nach der gestrigen Verhandlung ist der Streit zwischen dem Bundeskartellamt und dem DFB längst nicht abgeschlossen ■ Aus Berlin Peter Unfried
Düster hing der schwere Lüster in den schmucklosen Saal, im Einheitsschwarz saßen die gewichtigen Herren seriös die vorderen Bänke voll. Aber einmal wurde doch gekichert: Das geschah, als Richter Dieter Jalowietzki die Relevanz der Extra-Fernsehgelder für Zweitlisten in Frage stellte und darüber räsonierte, was 150.000 Mark heutzutage und in dieser Branche Wert seien. „Dafür“, sagte der Vorsitzende des Berliner Kammergerichts-Kartellsenats, „kann man höchstens einen Einbeinigen kaufen.“
Sonst wurde gestern im Saal 129 nicht gelacht, was keinen zu wundern braucht: Die Sache ist ernst und auch mit einem Urteil – gestern wurde es nicht mehr gesprochen – längst nicht erledigt. Stand der Dinge bleibt: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat die Senderechte für die Heimspiele der deutschen UEFA-Cup- und Pokalsieger-Vertreter zentral bis 1997/98 verkauft (jährlich alternierend an ufa und ISPR) – das Bundeskartellamt einen Verstoß gegen das Kartellverbot erkannt und im September letzten Jahres dieses Treiben sowie eine modifizierte Form abgelehnt.
Die Bundesligavereine, nach Meinung des Kartellamtes „originäre Rechteinhaber“, sind mit dem Patronat des Verbandes vor allem deshalb einverstanden: Obwohl die 60 Millionen per annum unter den teilnehmenden Vereinen (65 Prozent) und dem Rest der 1. und 2. Bundesliga (35 Prozent) aufgeteilt werden, verdienen sie bei dem Handel eindeutig mehr als früher. Die seit 89/90 erfolgende zentrale Vermarktung ist gut für sie, auch wenn sie den Wettbewerb ausschließt. Sie sei aber, so hatte Kartellamtspräsident Dieter Wolf geurteilt, „ein Preiskartell zum Nachteil der Verbraucher“. Die Argumentation des DFB: Das Kartellamt sei erstens nicht zuständig. Zweitens sichere der Verband durch sein Gießkannenprinzip den Bestand der Ligen und gleiche Leistungsgefälle aus. Eine echte sozialistische Gießkanne. Doch gibt es ein Geschäft, bei dem alle verdienen? Die Vereine, die Sportrechtefirmen, das Fernsehen, die im Fernsehen Werbetreibenden? Klar ist, daß die Werbetreibenden die Mehrkosten derzeit gern bezahlen. Weil es sich auch für sie rechnet.
Was das Kartellamt nicht mag: Der DFB hat durch die feste Vergabe an ufa (Bertelsmann) und ISPR (Springer und Kirch) andere Wettbewerber vom großen Fußballgeschäft völlig ausgeschlossen – und damit womöglich auch dafür gesorgt, daß die Ware für lange Zeit in den gleichen Händen bleibt. Der DFB sei der einzige von den 49 Mitgliedsländern der UEFA, der mit einem derartigen Problem zu kämpfen habe, klagte DFB-Rechtsanwalt Hans Hellmann. Da hat er recht. Doch beruft er sich damit handelsüblich auf die Sonderrechte für den Wirtschaftszweig Fußball.
Fußballvereine aber, so sah es Richter Jalowietzki, pflegten in Zeiten des Fernseh- und Merchandising- Booms zuvörderst ein „Verhalten wirtschaftlicher Natur“. Eine Entscheidung des Berliner Gerichts wird für heute morgen erwartet, kann den Streit aber nicht endgültig klären.
Beide Parteien werden wohl bei einer Niederlage vor den Bundesgerichtshof gehen. Es geht schließlich um einen Musterfall und auch um die Frage: Wem gehört die Bundesliga? Grade ist der DFB dabei, für die nächsten Jahre viel Geld auszuhandeln. „Man wird nicht sagen können“, warnte aber Richter Jalowietzki, „daß diese Entscheidung präjudizierend für die Bundesliga sein wird.“ Die Beteiligten scheinen eher vom Gegenteil überzeugt.
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