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Russische Truppen unter US-Befehl

■ Für die Teinahme am Bosnien-Einsatz wurde eine Formel gefunden, mit der auch Moskau zufrieden sein kann

Washington/Berlin (wps/taz) – Die USA und Rußland haben sich am Mittwoch abend auf eine Formel für die Teilnahme russischer Truppen bei der Stationierung von Nato-Soldaten in Bosnien-Herzegowina geeinigt. Dabei wurde eine Konstruktion gefunden, die den USA den Oberbefehl erhält und der russischen Führung hilft, das Gesicht zu wahren: Eine russische Brigade werde innerhalb einer US- Division operieren. Das Kommando dieser Truppe habe zwar der Nato-Oberbefehlshaber George Joulwan, jedoch nur in seiner Funktion als Oberkommandierender der US-amerikanischen Truppen in Europa, nicht als Nato- Oberbefehlshaber. Joulwan werde als Befehlshaber der russsich-amerikanischen Truppe ein russischer General zur Seite gestellt. So jedenfalls erklärten die beiden Verteidigungsminister, Pawel Gratschow und William Perry, den „Kompromiß“ gegenüber der Öffentlichkeit.

Gratschow konnte damit einen Erfolg nach Hause melden. Immerhin wird die russische Brigade nicht dem Nato-Befehl unterstellt. Und Perry konnte nach den Gesprächen betonen, daß die USA weiterhin den Oberbefehl in Bosnien-Herzegowina haben werden. Geklärt werden müsse – das erklärten beide – noch die Frage der politischen Kontrolle der Truppen in Bosnien. Nach russischen Vorstellungen sollte die Truppe an ein UN-Mandat oder an ein neues Gremium gebunden werden, in dem die USA, Rußland und die UN vertreten sind. Dies jedoch wollen die USA nicht. Die Politik „der Neutralität den Kriegsparteien“ gegenüber, die von der UNO betrieben wurde, ist in Bosnien gerade gescheitert und hatte die Aktion der Nato um Sarajevo nötig gemacht. Nach Hintergrundinformationen aus Washington beabsichtigen die USA nicht, sich in Zukunft das Heft aus der Hand nehmen zu lassen. Auch in der Frage der politischen Mitsprache wird sich Rußland wohl mit einer Nebenrolle begnügen müssen.

Bei den Bosnien-Verhandlungen in Dayton (Ohio) zeichnet sich nach Informationen aus Konferenzkreisen ein Ende ab. Schon kommende Woche sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein, hieß es. Der Unterhändler Montenegros, Milo Djukanović, will sogar von einer Einigung noch in dieser Woche wissen. Haupthindernis sei nicht der Streit über die Rolle der als Kriegsverbrecher gesuchten Radovan Karadžić und Ratko Mladić, sondern über die territoriale Aufteilung Bosniens unter Serben, Kroaten und Bosniaken.

Die Forderung, das ungeteilte Bosnien-Herzegowina wiedererstehen zu lassen, wurde von Djukanović nicht genannt. Und auch nicht die jüngste Drohung des kroatischen Präsidenten Tudjman, das noch immer serbisch besetzte Ostslawonien müsse notfalls mit militärischer Gewalt wieder in den kroatischen Staat eingegliedert werden. er

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