: Hinkefuß, Murmel, Gummitwist
■ Ein Hamburger Sportwissenschaftler stellt „Spiele der Welt“ aus
. . . die Erste nicht, die Zweite nicht, die Dritte wird gefangen mit Spießen und mit Zangen. Die das singen, blasen kein Halali zu Hexenhetze oder Entenjagd, sondern vergnügen sich mit einem alten Hamburger Kinderspiel. Kreisel, Hinkefuß, Murmelspiel, Gummitwist – das waren Spiele, bei denen die Erwachsenen rein gar nichts zu sagen hatten, die auf der Straße stattfanden, nach eigenen Regeln, weitergegeben von Kind zu Kind, über Jahrzehnte, mitunter Jahrhunderte hinweg.
Zusammengetragen wurden diese und andere Spiele vieler Kulturen jetzt von dem Hamburger Sportwissenschaftler Gert Eichler im Institut des Fachbereiches. In seiner Ausstellung Spiele der Welt geht es ihm allerdings nicht darum, wehmutsvoll zu erinnern, wie schön es doch damals, in der Zeit der Pferdekutschen auf dem Bürgersteig, war. Grundmotive des Spielens zu erkennen und an Schulen und Kindergärten wiederzubeleben, das ist eins seiner Ziele. Eichler: „Kinder brauchen Funktionsspiele, in denen sie purzeln und rumtollen können, Fiktionsspiele, in denen sie die Symbolik der Sprache erspielen, Rollenspiele, in denen sie, in kleinen Gruppen, Regeln aufstellen, die sie selbst kontrollieren lernen.“
Ein rotes Tuch ist für den Sportprofessor gerade der Sportunterricht an Schulen. „Bewegungsspiele wären besonders in den untersten Klassen wichtig, statt dessen weht hier schon der strategische Geist der Olympischen Spiele.“
Spiele sind nach Eichlers Ansicht mehr als ein Zeitvertreib, sie sind der Ursprung von Kultur. Gerade aus diesem Grunde können sie heute der Völkerverständigung dienen. In der Ausstellung sind dementsprechend Spiele der Eskimos ebenso wie der Australier, Muscheln als Spielsteine genauso wie Fäden, mit denen Figuren geknüpft werden, zu sehen. Ausstellungsbesucher können erleben, was es heißt zu orakeln, geschickt im Spiel mit anderen zu sein, ihr Glück herauszufordern.
Heike Schulte
Ausstellung „Spiele der Welt“ bis 3. 3.; Informationen: Tel. 606 58 66, abends 49 67 71.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen