piwik no script img

■ QuerspalteScharping verschläft seinen Tod

Über die SPD zu schreiben, verbietet sich eigentlich, denn auf tote Gäule soll man nicht schlagen. Aber dieses eine und letzte Mal muß es doch sein, denn das Elend hat ein Gesicht weniger: das von Rudolf Scharping. Ganz umsonst hat er sich bei Gottschalk den Bart stutzen lassen, vergeblich sich auf hartem Rennradsattel wundgestrampelt, und auch die Gestik-Workshops – „Ganzheitlich nach Goethe: Fünf Finger sind ein Faust“ – waren Zeit- und Geldverschwendung. Da konnte das Männchen rackern, wie es wollte, es sah doch immer nach Simulation aus, nach Karikatur.

„Schlafes Bruder“ hatte ihn Titanic eben noch getauft, und – butz! – ist er hin. Derart imprägniert gegen die Wahrnehmung jeder Wirklichkeit aber hat sich Scharping, daß er nicht einmal seinen eigenen Exitus bemerkt. Mit dröhnendem Pathos – das bei ihm allerdings Pathöschen heißen müßte – wählt er auch diesmal instinktsicher die lächerliche Pose. Wenigstens im Verlieren will er Größe zeigen und macht sich doch wieder nur zum Obst. „Oskar, vieles hat wehgetan, aber wir haben ein Ziel, das größer ist als wir selbst“, dichtet er sich und seinen Leuten eine Idee, ja eine Vision an. Als er sich hinsetzt, stehen alle anderen auf, womit sie tatsächlich größer sind als er, und dann klatschen sie, weil sie ihn endlich, endlich los sind, Helmut Kohls besten Mann.

Nie hatte es soviel Beifall gegeben für Scharping, als er noch die olle Teppichfliese war. Jetzt, als Fußmatte der Partei, wird er frenetisch gefeiert und läßt es sich gefallen. An seinen Henkern leckt er noch herum, dafür loben sie ihn und erklären mit Trauermiene, wie wichtig er doch sei. Das ist Sozialdemokratie: Die Leiche damit trösten, daß sie unkündbar ist.

Verändern kann die Verhältnisse allenfalls der, der weiß, wie man sie mit Würde trägt. Was aber machen Leute, die von Würde keinen Begriff haben? Sie nennen sich Rudolf Scharping, bechern fleißig den Kakao, durch den man sie schleift, und sagen ganz ganz tapfer: „Oh, das war lecker, vielen Dank.“ Wiglaf Droste

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen