Sanssouci: Vorschlag
■ Gene, Cast und Heavy Stereo im Potsdamer Waschhaus
Es ist kein Geheimnis, daß britische Popmusik gerade schön am Rollen ist. Auch daß es dabei eine erste und eine zweite Liga gibt, kann sich jeder denken – nur ist anders als beim Fußball die zweite Liga nicht unbedingt gleichbedeutend mit minderer Güte (Geld), sondern meist eine Frage des Bekanntheitsgrads. So passiert es denn bei allem Hype, daß heute abend drei britische Bands auftreten, von deren Existenz bisher nur wenige gewußt haben: Gene, Cast und Heavy Stereo. Erstere hatten ihr Album- Coming-out schon vor einem halben Jahr, wurden dann zu Hause als Smiths-Epigonenband aufs Korn genommen, woanders sogar als Teenager-Verarsche, hatten dabei aber genau die guten, schönen Lieder, die das Leben für ein paar Minuten in all seiner Profanität wunderbar erträglich machen können. Dazu gelang es Sänger und Schreiber Martin Rosseter, ein paar Zeilen für Leute zu komponieren, deren Seite der Geschichte mehr die erdabgewandte ist: für Linkshänder, Provinzler und solche, die keine Lust auf Trouble haben, nur das Recht auf ein bißchen Differenz einklagen. Das mal mit der Stimme des Ratlosen rübergebracht, mal mit der des Wissenden, I've seen this all before, and more, reichte schon fürs Ohrenspitzen, und Epigonentum – nun gut, Schwergewichte wie die Smiths sind nicht leicht zu überholen.
Auch die Liverpooler Cast haben ihr Päckchen zu tragen, darin enthalten die Beatles, und weil die ja über allem stehen, werden für Cast Bands wie Herman's Hermits („No milk today“) oder Gerry and the Pacemakers ins Feld geführt, die man unter dem Begriff Mersey-Beat zusammenfaßt. Ganz ohne jüngere Vergangenheit sind Cast aber nicht, denn deren Gründer war zuvor bei den LA's, eine Band, die sich an den Sixties abarbeitete. Mit ihrem Debüt „All Change“ wird jetzt ein Mehr an Easy Listening im Guitar-Pop-Kontext geboten, mit einfachen Texten und Refrains eine Musik zum Merken und Lieben. Der NME nannte Cast ungewohnt kritisch, aber auch hier gilt: Lieber den Momenten huldigen als sich an Unsterblichkeit vergreifen. Nicht anders verfahren Heavy Stereo, deren bisherige Singles ziemlich nach T-Rex und Gary Glitter klingen sollen. Gerrit Bartels
Heute, 21 Uhr, Waschhaus, Schiffbauergasse 1, Potsdam
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