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Öko für das Kind

■ Umweltverträglichkeit ist beim Spielzeugkauf für viele wichtig. Lego kriegt Konkurrenz von "echten Steinen"

Von Lego-Land gehört hat wohl fast jedeR schon einmal, mit Lego-Bausteinen gespielt wohl auch. Seit April 1995 gibt es eine neue Öko- Alternative zu den weltbekannten Kunststoffbausteinen aus Dänemark: Anker-Stones. Diese in der Form ihren Plastik-Verwandten ähnelnden Noppenbausteine bestehen aus Gesteinsmehl (Kalksandstein aus dem Erzgebirge), natürlichen Bindemitteln und natürlichen Farbstoffen. Sie werden per Hochdruckpresse unter geringem Energieaufwand und ohne Chemikalien hergestellt und sind im Gegensatz zu Plastik-Bauklötzen voll wiederverwertbar. So viele verschiedene Formen wie bei Lego sucht man bei den Anker-Stones vergeblich. Bisher gibt es zehn unterschiedliche Standardformen. Damit kann laut Eigenwerbung jedoch „jedes Bauwerk der Welt nachgebaut werden, vom einfachsten Turm bis hin zur Tower Bridge oder Schloß Neuschwanstein“. Für 1996 sind weitere „ideenreiche Zusatzelemente“ angekündigt.

Verkauft werden die Öko-Bausteine, die es in fünf verschiedenen Farben (rot, grau, blau, gelb, grün) gibt, in Holzkisten. Ein Sortiment mit 250 oder 1.000 Stück wiegt zwischen drei und zehn Kilogramm und kostet zwischen 25 und 80 Mark. Im Angebot sind derzeit 15 verschiedene Produktsortimente.

Produziert werden die Anker- Stones in Taucha bei Leipzig. 45 MitarbeiterInnen des Spielwarenherstellers Zrost stellen dort täglich bis zu 3.000 Baukästen her, also eine halbe Million pro Jahr.

Trotz der fehlenden Formenvielfalt und der namhaften Konkurrenz sieht der Geschäftsführer Harald Zrost die nächste Zukunft für seine „echten Steine“ aus Naturmaterialien rosig: „Unsere Baukästen sind deutlich preiswerter als die der Konkurrenz. Und unsere Steine sind absolut umweltverträglich und recycelfähig. Damit tragen wir einem klar erkennbaren Trend am Spielwarenmarkt Rechnung.“

Das Ergebnis auf der diesjährigen Spielwarenmesse in Nürnberg scheint dem Chef des 1983 in der DDR gegründeten Familienunternehmens recht zu geben. Nicht nur aus europäischen Nachbarländern, sondern sogar auch aus den USA, Australien und Neuseeland wurden die Anker- Stones geordert. Der Exportanteil liegt bei etwa 60 Prozent. Solche Erfolge lassen Zrost optimistisch nach vorne schauen: „In den nächsten Jahren ist eine Fabrik in den USA geplant.“ Aufgrund der großen Nachfrage soll der Tauchaer Betrieb im nächsten Jahr auf 200 MitarbeiterInnen erweitert werden. Damit strebt Zrost eine Steigerung des Jahresumsatzes auf ungefähr 30 Millionen Mark an.

Petra Czechleba, Mitarbeiterin der Umweltberatungsstelle der Verbraucherzentrale Berlin, sieht beim Spielzeugkauf ein wachsendes Bewußtsein: „Gerade vor Weihnachten fragen Eltern vermehrt nach, worauf sie beim Spielzeugkauf achten müssen.“ Die Verbraucherzentrale hat einen kleinen Kriterienkatalog für umweltverträgliches Kinderspielzeug festgelegt:

– Die Gesundheit der Kinder darf beim Spielen nicht gefährdet werden, zum Beispiel durch Chemikalien.

– Bei der Herstellung und der Entsorgung des Spielzeugs dürfen keine Umweltgifte entstehen.

– Energie- und Verpackungsverschwendung durch überflüssige Verpackungen oder geringe Lebensdauer soll vermieden werden.

– Das Material soll recycelt werden können.

Die meisten Spielsachen erfüllen diese Kriterien nicht. Kunststoffe sind aus den Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken. Der problematischste Kunststoff ist PVC (Polyvinylchlorid). Die Ausgangsstoffe und Rückstände bei der PVC-Produktion sind hochgiftig. Bei der Verbrennung von PVC wird Chlor frei, und es kann giftiges Dioxin entstehen. Da es keine Kennzeichnungspflicht gibt, kann der Verbraucher nur sehr schwer herausfinden, aus welchem Kunststoff ein Produkt ist.

Gerade bei Puppenherstellern steht PVC ganz oben in der Beliebtheitsskala. PVC ist billig und läßt sich gut bemalen und bedrucken. So hat Ökotest noch vor knapp drei Jahren in 32 von 36 getesteten Puppen und Spielfiguren PVC gefunden. Für Kinder wird dieses PVC gefährlich, wenn sie Puppenschuhe, Armbändchen oder Spielzeugschwerter aus diesem Kunststoff verschlucken. Im Magen lösen sich die Weichmacher aus dem Material, so daß ein scharfkantiger Körper übrigbleibt, der die Magenwände verletzen kann.

Noch immer sind zum Einfärben von Kunststoffspielzeugen giftige Schwermetalle, wie zum Beispiel Cadmium, zulässig. Diese zugelassenen Mengen werden jedoch von vielen Experten als zu hoch beurteilt. Die Verbraucherzentrale rät, kein billiges, undeklariertes Kunststoffspielzeug zu kaufen und Spielzeug aus PVC zu meiden, sondern nur langlebige Markenartikel anzuschaffen.

Kinder sollten nur Mal- und Zeichenmaterial in die Hände bekommen, das speziell für Kinder angeboten wird. Normale Büroartikel enthalten zum Teil Inhaltsstoffe, die für Kinder grundsätzlich nicht geeignet, geschweige denn umweltverträglich sind.

„Beim Spielzeugkauf für Kleinkinder achten die Eltern sehr darauf, daß das Spielzeug gesundheits- und umweltverträglich ist“, erläutert Magdalena Weber, Inhaberin des „Spiele-Shop“ in Wilmersdorf, das Kaufverhalten ihrer Klientel. Beim Kauf von Buntstiften, Knetmasse und Fingermalfarben werden explizit umweltfreundliche Produkte ohne giftige Inhaltsstoffe verlangt. Ab dem Alter, wo die Eltern die Wünsche ihrer Kinder jedoch nicht mehr steuern können, sei jedoch Schluß mit Öko. „Die Medien verderben die Kinder.“ Dann sind Turtle und Co. angesagt.

„Kinder springen auf kräftige Farben an“, erläutert Kerstin Sommer, Mitarbeiterin im Steglitzer Spielwarengeschäft „Werken Spielen Schenken“. „Daher ist eine Holzpuppe nicht so attraktiv wie eine Plastikpuppe mit einem schön schweinsrosanen Gesicht.“ Zudem sei die Auswahl an ökologischem Spielzeug für etwas größere Kinder nicht sehr groß, vor allen Dingen nicht für Jungs. „Für Mädchen gibt es ja beispielsweise immerhin noch schöne Puppenstuben aus Holz, die mit natürlichen Farben bemalt sind.“

Bei Gesellschaftsspielen sieht die Marktlage schon wieder etwas anders aus. Viele Spiele gibt es alternativ mit Holzfiguren und -spielbrettern. Diese sind dann jedoch meist auch ein gutes Stück teurer. „Manche Kunden achten auf Qualität. Die meisten aber kaufen die preisgünstigste Version“, so Sommer.

Für viele Verbraucher sei Öko gleichbedeutend mit Holz. Auf die Lackierung achte jedoch kaum jemand, schildert die Verkäuferin ihre Erfahrung. So wurde vor zwei Jahren ein beliebtes Holzspielzeug wieder vom Hersteller zurückgerufen, weil es mit giftigen Holzschutzmitteln behandelt war. Neben seiner oft höheren Attraktivität bei Kindern hat Plastikspielzeug gegenüber Holzspielzeug in den Augen Sommers einen weiteren Vorteil: „Es ist pflegeleichter.“

Die Umweltverträglichkeit eines Spielzeugs wird, neben dem Aspekt des pädagogischen Wertes, durch den Arbeitsausschuß „Kinderspiel und Spielzeug“ bewertet. Dieser unabhängige Fachausschuß spricht jährlich etwa 250 Empfehlungen für Spielsachen aus und vergibt die Plakette „spiel gut“. Alle ein bis zwei Jahre wird ein Verzeichnis mit den so ausgezeichneten Spielsachen herausgegeben. Volker Wartmann

Weitere Informationen zu ökologischem Spielzeug sind in der Verbraucherzentrale Berlin erhältlich, Telefon 214 85-0.

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