piwik no script img

Nullsummenspiel

■ Die HEW verhandeln weiter wg. Wasserkraft-Energie aus Norwegen

„Optimistisch“, so ließ der Vorstandssprecher der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), Manfred Timm, in den vergangenen Wochen wiederholt durchblicken, sei er schon. „Optimistisch“, daß der Stromversorger ab 2004 Strom aus norwegischen Wasserkraftwerken ins Hamburger Stromnetz leiten könnte. Da der Hamburger Stromversorger inzwischen offenbar bereit ist, den Skandinaviern ein paar Pfennige mehr pro Kilowattstunde zu zahlen als ursprünglich geplant, könnte der Strom-Deal, der im Januar 1994 durch ein Veto der Norwegischen Regierung schon gescheitert schien, doch noch zustande kommen.

Doch klar ist auch: Das Energiegeschäft, das der HEW-Aufsichtsratschef und Umweltsenator Fritz Vahrenholt im vergangenen Bürgerschaftswahlkampf noch als zentrale Vorbedingung und wichtigen Schritt in Richtung Stillegung des Atommeilers Brunsbüttel feierte, kann zum Gesamt-Ausstieg Hamburgs aus der Atomkraft kaum etwas beitragen. Im Gegenteil: Er bedeutet ein Stück Bestandsgarantie für die Kernkraftwerke, speziell für den Reaktor in Krümmel, der nach wie vor in Verdacht steht, an den erhöhten Leukämieraten in der Elbmarsch nicht unschuldig zu sein.

Denn es geht in den Verhandlungen zwischen den Energiekonzernen HEW und EuroNorge nicht darum, nur Strom aus Skandinavien in Richtung Hansestadt fließen zu lassen; gepokert wird nur um ein Tauschgeschäft. Danach soll Norwegen tagsüber Wasserkraftstrom nach Hamburg liefern, die HEW im Gegenzug aber Nachtstrom aus Kernkraftwerken, speziell aus Krümmel. „Energiewirtschaftliche Synergieeffekte“, wie Manfred Timm es nennt.

Ein Geschäft, das nur im Rahmen der Atomstromlogik für Hamburg Sinn macht. Denn anders als Kohle- oder Wasserkraftwerke können Atommeiler nicht einfach beliebig heruntergefahren werden, wenn etwa zu nachtschlafender Zeit der Strombedarf in den Keller sinkt. Zwar könnte der Norwegen-Strom im Verbund mit dem geplanten Kohlekraftwerk Brunsbüttel zu Spitzenlastzeiten den Atomstrom aus Brunsbüttel teilweise ersetzen. Der Preis dafür aber ist hoch: Solange Hamburg Energie aus Norwegen bezieht, werden die HEW vertraglich verpflichtet sein, Krümmel-Strom zurückzuexportieren. Der Ausstieg aus Brunsbüttel würde mit einer Bestandsgarantie für dem Elbmarsch-Atommeiler erkauft.

Dem in der HEW-Satzung festgeschriebenen Ziel, aus der Atomkraft insgesamt auszusteigen, stände der Norwegen-Vertrag somit eher entgegen. Und sollte der Stromversorger eines Tages mit dem Ausstieg tatsächlich Ernst machen, wäre das Tauschgeschäft mit Norwegen im besten Fall ein Nullsummenspiel. Marco Carini

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen