: Rot-Grüner Flughafenpoker
Bruch der Koalitionsvereinbarung? SPD will doch den Ausbau des Dortmunder Flughafens ■ Von Walter Jakobs
Düsseldorf (taz) – Kaum ruht der Kampf um Posten und personale Macht, da bahnt sich neuer Streit in Düsseldorfs rot-grüner „Reformkoalition“ an. Vermeintlich glasklare Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zur Zukunft der Regionalflughäfen werden von SPD und Grünen vollkommen unterschiedlich interpretiert. Unmißverständlich klingt die Version im Koalitionsvertrag: „Das Land fördert künftig nicht mehr den Ausbau von Flughäfen und Verkehrslandeplätzen.“ Alle im Verkehrshaushalt ausgewiesenen Mittel, die nicht zur Aufrechterhaltung der Sicherheit nötig seien, so das Versprechen, „werden umgeschichtet“ – ein echter grüner Verhandlungserfolg.
Tatsächlich sorgte diese Verabredung mit dafür, daß etwa der umstrittene Flughafen in Mülheim/ Essen nun endgültig geschlossen wird. Doch bei den Gegnern des Flughafenausbaus in Dortmund herrscht inzwischen Alarmstimmung. Nach „allen Regeln der Kunst“ suche die NRW-SPD die Koalitionsaussagen zum Flughafenausbau „auszuhebeln“, empörte sich die grüne Ratsfraktion. Ein den Grünen zugespieltes „vertrauliches“ Schreiben des Dortmunder Oberbürgermeisters Günter Samtlebe an die örtliche Industrie- und Handelskammer zeuge von „Geheimplänen“ der Genossen, so die Dortmunder Grünen.
In dem Brief versichert Samtlebe den Verbandsvertretern, SPD-Fraktionschef Matthiesen habe ihm mitgeteilt, daß der Ausbau des Dortmunder Flughafens vom „Inhalt der Koalitionsvereinbarung nicht betroffen“ sei. Der 80 Millionen Mark teure Ausbau werde auf jeden Fall „zu 25 Prozent aus Mitteln der Europäischen Union“ und „zu weiteren 25 Prozent aus entsprechenden Komplementärmitteln des Landes“ subventioniert. Die Landesregierung stelle die dafür nötigen 20 Millionen aus „Strukturhilfemitteln des Wirtschaftsministeriums“ zur Verfügung.
Separat ausgewiesen sind diese Mittel im Haushaltsentwurf 1996 indes nicht. Gegenüber der taz räumte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums inzwischen aber ein, daß auch der Dortmunder Zuschuß im Haushaltsansatz für Komplementärmittel zur Absicherung von Förderprogrammen der EU „eingeplant“ sei. Wurden die Grünen also gelinkt?
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) weist den Vorwurf der Geheimniskrämerei entschieden zurück: „Ich habe – wie es schon mein Kollege Franz-Josef Kniola in den Koalitionsverhandlungen getan hat – angekündigt, daß das Land selbstverständlich zu einer solchen Komplementärfinanzierung bereit ist.“ Das sei „kein Bruch der Koalitionsvereinbarung“, sondern „das ist in den Koalitionsverhandlungen angekündigtes, von mir bestätigtes Verhalten“. Im Koalitionsvertrag selbst findet sich zur Komplementärfinanzierung kein Wort. Gab es darüber vielleicht mündliche Absprachen?
Nein, sagt Gisela Nacken, Fraktionssprecherin der Grünen im Landtag und während des Verhandlungen eine der Gesprächspartnerinnen des damaligen Verkehrsministers Kniola. Der habe die beantragten europäischen Mittel für Dortmund zwar angesprochen, aber nicht deutlich gemacht, daß damit eine Komplementärfinanzierung des Landes aus dem Wirtschaftsetat verbunden sei. Von einem offenen Bruch des Vertrages mag Nacken zwar nicht sprechen – „wir haben bei den Verhandlungen an dieser Stelle leider nicht sauber verhandelt“ –, aber „das Problem muß jetzt im Rahmen der Haushaltsberatungen neu diskutiert werden“. Stelle die SPD sich stur, dann werde es an diesem Punkt gewaltig krachen, heißt es bei der Grünen-Fraktion.
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