■ Fast alles ist Bio, fast überall: Das Steakhaus im Teakwald
Auch wenn böse Zungen gerne behaupten, die Öko-Bio-Bewegung sei das letzte bißchen Politikluxus, den sich die reiche Mittelklasse der westlichen Welt noch erlaubt: Die „Dritte Welt“ hat den Trend längst zum eigenen Vorteil entdeckt und tut, was der Markt verlangt. „General Food Thailand“ produziert „Bioreis“, ukrainische Kolchosen bieten demnächst „Demetergetreide“ an, ein japanischer Schaumstoffhersteller nennt sich „Futon“, und ein Pilotprojekt von „Elf Aquitaine“ befaßt sich in Kooperation mit dem Kosmetikkonzern „Lancôme“ mit der Entwicklung von Hanfhautöl auf Dieselbasis.
Auch auf der Ebene der politischen Organisation ist unübersehbar, daß die Bio-Bewegung allerorten Spuren hinterlassen hat – zum Beispiel in Rußland. So gründet die russische Bürokratie, nach Umwandlung der sowjetischen Ministerien in Aktiengesellschaften, jetzt auch noch eigene Bürgerinitiativen, NGOs genannt – Moskaus Bürgermeister Ryshkow ließ gerade eine Frauen-NGO namens „Ökologische Zukunft 2000“ eintragen.
In Recife (Brasilien) werden Straßenkindern in Trainingsprogrammen unblutige Raubüberfallmethoden – „Earning by Learning“ – beigebracht, wobei man die Touristen als „nachwachsende Rohstoffe“ ansieht. In China müssen Häftlinge in Umerziehungslagern – unter anderem für Philips – Energiesparlampen produzieren. Und in Paraguay hat man einen neuen Hochsicherheitstrakt „Round Table“ getauft.
Zwar sind in der südostasiatischen Militärdiktatur Burma (Myanmar) die Gefängnisse bislang von solchen Modernisierungskampagnen noch verschont geblieben – dafür ist man auf dem „Grünen Sektor“ um so aktiver. Im Rahmen eines neuen Regierungprojekts – nachhaltige Forstbewirtschaftung – bestehen zum Beispiel in bestimmten Regionen Zwangspatenschaften für Teakbäume. Entlang der Nationalstraße sieht man dort allabendlich einzelne Dorfbewohner mit Wassereimern zu ihren oft meilenweit entfernten Patenkindern spazieren, schließlich drohen dem, der seinen Teakbaum eingehen läßt, drakonische Strafen. In der Stadt Pyay, vormals Prome, erfuhren wir eher zufällig, daß dieses Projekt auf die Initiative einer zwar kleinen, aber überaus aktiven Fraktion von Radikalökologen innerhalb der burmesischen Armee zurückgeht.
Wir hatten uns von einem Ortskundigen ein Restaurant empfehlen lassen, der meinte, ein neues Lokal am Stadtrand würde uns bestimmt gefallen. Wir fuhren hin und wollten kaum glauben, wie es hieß: „GREENPEACE“! Ein großzügiges Etablissement, mit Café, Restaurant, Swimmingpool und Kinderspielplatz. Zunächst wunderten wir uns nicht weiter über die vielen Soldaten an den Nebentischen – schließlich ist Burma eine Militärdiktatur, und folglich gibt es kaum einen Teashop, in dem nicht Militärs zum Stammpublikum gehören. Doch als ein kompletter Mannschaftswagen sehr priviligiert quasi im Vorgarten parkte und die Schwerbewaffneten am Swimmingpool vorbei in irgendwelchen hinteren Gefilden verschwanden, fragten wir nach. Der Manager gab uns bereitwillig Auskunft: „Greenpeace“ gehöre der burmesischen Armee und sei als Restaurant-Kette fürs ganze Land geplant, das Lokal in Pyay sei eine Art Pilotprojekt.
Wieso ausgerechnet „Greenpeace“? Das sei ein guter Name, so der Manager, ein Leutnant in Zivil, der seiner Erfahrung nach bei Touristen gut ankomme. Genau wie die neue Öko-Tourismussiedlung „Seinyay Forest Camp“ in der Nähe von Bago. Besonders junge Reisende wären ganz versessen darauf, ein paar Tage in einem völlig intakten Teakwald zu verbringen. Er zog aus seiner Aktentasche ein Ansichtsprospekt hervor, mit den verschiedenen Hütten, die man im Camp mieten kann: den „Thinning Post Bungalow“ auf Teakpfählen mit Bambusdach zum Beispiel, den „Eisenholzbungalow“ oder den luxuriösen „Golden Teak Bungalow“, eine Art Schweizer Gebirgshütte mit grün gedecktem Dach. Das schien uns alles so unglaublich, daß wir ihn zum Abschied um ein Foto baten – als Beweis sozusagen, für daheim. Die „Greenpeace-Kellneruniform“, ein T-Shirt, hat er höchstpersönlich entworfen: Auf weißem Grund spannt ein martialischer American Eagle seine Flügel auf, der „Greenpeace“-Schriftzug ist dezent, aber effektvoll auf der unteren Bauchhälfte plaziert. Helmut Höge/Dorothee Wenner
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