■ Das Portrait: Penibel und eitel
In der sonst von Männern dominierten arabischen Ministerwelt ist sie ein Unikum. Seit letzter Woche steht mit Dr. Nawal at-Tatawi erstmals eine Frau dem ägyptischen Wirtschaftsministerium vor.
Ihre Ernennung zusammen mit fünf anderen neuen Ministern soll die Weichen für die zukünftige wirtschaftliche Reformpolitik des Landes stellen. In dem alten Streit des ägyptischen Kabinetts zwischen Privatisierern und den Vertretern des öffentlichen Sektors könnte Tatawis Ernennung die Waagschale zugunsten der ersteren verändern. In Kairo ist von der „ägyptischen Tansu Çiller“ die Rede, eine Anspielung auf die marktorientierte ehemalige türkische Ministerpräsidentin.
Tatawi studierte in den 60er Jahren Ökonomie an der amerikanischen Universität in Kairo und arbeitete anschließend im Forschungszentrum von Ägyptens größter staatlichen Bank. 1969 erhielt sie ihre Doktorwürde an der US-Universität Wisconsin. Später arbeitete sie für die UNO in New York als eine Art Revisorin für Entwicklungspläne afrikanischer Länder und als Finanzberaterin für die Weltbank.
Ab 1992 saß die verheiratete Mutter von zwei Kindern als erste Frau im Chefsessel der „Arabischen Bank für Investitionen“ und brachte das verlustreiche Unternehmen binnen kurzem dazu, wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Als „starke Persönlichkeit, mit der es kein Zuckerschlecken ist“, gilt sie denn auch in Bankkreisen. Journalisten, die bisher mit ihr zu tun hatten, beschreiben sie als „ein wenig penibel und eitel“. Anders als bei ihren männlichen Kollegen gilt das Alter der reiferen Dame als Betriebsgeheimnis – eine ägyptische Höflichkeit, an die sich bisher alle lokalen Medien gehalten haben.
Nawal at-Tatawi, Ägyptens erste Wirtschaftsministerin Foto: taz-Archiv
Vor allem im ägyptischen Bankensektor sind Frauen inzwischen keine Seltenheit mehr. Zahlreiche Filialen bewerden seit Jahren von Frauen geleitet. Die einzige Ausnahme bilden die zwei privaten islamischen Banken des Landes.
Tatawis erste Amtszeit dürfte sich nicht als einfach erweisen. Ende dieses Monats wird Ägypten nach einjähriger Pause die Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) fortsetzen. Dabei sucht das Nilland dessen Zustimmung für das langsam anlaufende wirtschaftliche Reformprogramm zu erlangen. Gelingt es Tatawi den IWF zu überzeugen, ist der Weg frei, dem Land weitere vier Milliarden Auslandsschulden zu erlassen. Karim El-Gawhary
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen