: Funky Stuff
■ 2 % Jazz, 200 % Fun: Maceo Parker brachte das „Modernes“ zum Kochen
Als Konzertmitschnitt im Radio oder auf CD wäre es langweilig und kaum zu ertragen: Diese ewigen Wiederholungen, dieses gnadenlose Reduzieren der Songs auf möglichst wenige musikalische Ideen. Oder das penetrante Anfeuern des Publikums, das dann etwa 20mal hintereinander mit größter Begeisterung solche Banalitäten wie „I need some money“ mitbrüllt. Warum aber waren die Zuhörer bei Auftritt von Maceo Parker im prall gefühlten „Modernes“ so völlig aus dem Häuschen? Warum gab es schon wenige Minuten nach Beginn des Konzerts kaum einen Fuß, der nicht mitwippte und wie schaffte es die Band knapp drei Stunden lang so federleicht auf den schwarzen Funkgrooves zu surfen ?
Daß Maceo Parker ein großartiger und vielseitiger Saxophonist und Funkjazzer ist, hat er auf seinen CDs und im Film bewiesen. Aber daß er auch einer der besten Entertainer der schwarzen Musikszene ist, erkennt man daran, wie sich seine Liveshows von seinen Musickonserven unterscheiden. Er weiß genau, daß er hier mit Reduktion und Wiederholung intensiver wirkt als durch feinsinnige Arrangements. So wie ein guter Schauspieler auf der Bühne ganz anders auftritt als vor einer Kamera, so kann auch Maceo Parker im Konzert mit einem anzüglichen Hüftschwung mehr bewirken als mit einem begnadeten Saxophonsolo.
Deshalb hatte der eine enttäuschte Zuhörer, der immer wieder „more music“ zur Bühne hin schrie, die ganze Show gründlich mißverstanden. Immerhin warnt ja Parker selber in seinem oftzitierten Ausspruch die Feingeister, daß seine Auftritte „2% Jazz, 98 % Funky Stuff und 200% Fun“ sind. So ging die Musik eher in den Körper als in den Kopf, und durch die scheinbar endlos pulsierenden Rhythmen kam man schnell in einen tranceähnlichen Zustand.
Von seinem ehemaligen Bandleader James Brown hat Parker gelernt, wie man auf der Bühne die „Sexmachine“ zum Laufen bringt. Ohne auch nur seine Krawatte zu lockern, packte er seine Gesang- und Tanzeinlagen bis zum Überlaufen voll mit erotischer Energie. Ideal dazu paßten der dreckige Sound der elektrischen Orgel von Rob Robbins und Fred Wesleys tiefschwarzer Posaunenton.
In Parkers Musik gab es keine Zugeständnisse an die Stile und Moden von heute. Fast genauso hätte seine Band auch schon vor zwanzig Jahren klingen können. Auch mit einigen Hommagen an Marvin Gaye, Ray Charles und die Temptations blieb die Band konsequent im Sound der 60er und 70er Jahre. Aber Maceo spielte die alten Soulnummern so frisch und funky, als wären sie gestern erst komponiert worden. Bei all den Stakkatos der Bläsersätze und weiten Hüftschwüngen mag man es kaum glauben, aber Maceo Parker ist auch in der ausgelassensten Partylaune noch ein souveräner Interpret von klassischer schwarzer Musik.
Willy Taub
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen