: Von Oregon ins Cafe Sand
■ Ralph Towner eröffnet heute abend mit einem Soloauftritt eine neue Konzertreihe
In Bremen hat das Publikum ihn schon mal an seinem Talent zweifeln lassen. Im Jahr 1973 gab Ralph Towner hier sein erstes Solokonzert in Europa und weil die Zuhörer dabei so reserviert applaudierten, fragte er in der Pause ganz verzweifelt den Veranstalter: “Spiele ich denn wirklich so schlecht ?“ Dabei war sein Auftritt ein großer Erfolg – die Zuhörer waren völlig überrascht darüber, daß ein Musiker alleine auf einer Gitarre so vielschichtig und voll spielen konnte – aber Towner wußte halt noch nicht, daß ein europäisches und insbesondere ein norddeutsches Publikum seine Zustimmung viel zurückhaltener äußert als die amerikanischen Jazzfans.
Inzwischen spielt Towner wahrscheinlich öfter in Europa und Japan als in seinem Heimatland, denn mit seinen Soloaufnahmen in den frühen 70ern begann er seine lange und sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit der Münchener Plattenfirma ECM, dessen ewiges Adagio er zusammen mit Keith Jarrett, Jan Garbarek oder dem frühen Pat Metheny anstimmte.
Towner spielt auf Gitarre und Piano Jazz als glasklare, hochkultivierte Kammermusik. Besonders seinem Gitarrenspiel ist die klassische Schule anzumerken, auch der Einfluß des Pianisten Bill Evans ist nicht zu überhören. Mit seiner Gruppe Oregon hat Towner einen exotisch-neuromantischen Stil entwickelt, der auch in seinen vielen Soloaufnahmen immer durchscheint. Vor fast genau einem Jahr begeisterte Towner im KITO bei einem Duoauftritt mit dem Bassisten Gary Peacock, jetzt spielt er nach langer Zeit wieder einmal Solo.
Es hat schon Tradition, daß Towner seine Gitarre in Bremen an ungewohnten Spielstätten zupft. Das erste Konzert fand in der oberen Rathaushalle statt, ein späteres in der Liebfrauenkirche.
Diesmal eröffnet Towner eine Veranstaltungsreihe im Cafe Sand, gegenüber dem Osterdeich. Im Februar und März werden hier Konzerte mit Dino Saluzzi (Jazztango), der Gruppe „Edward II“ (Celtic Roots Reggae) und der amerikanischen Jazzband „Richard S. & The Vibe Tribe“ stattfinden. Karten dafür kann man direkt am Anleger der Sielwallfähre kaufen – da wird sie dann wohl auch über die Weser schippern, bis auch die letzten Konzertbesucher in Ruhe ihr Bier ausgetrunken haben.
Willy Taub
Cafe Sand, Heute abend 20 Uhr
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