: Heiraten amtlich nicht erwünscht
■ Die Ausländerbehörde von Solingen schikaniert eine Asylsuchende, weil sie einen Deutschen heiraten will
Wuppertal (taz) – Eigentlich ist Karl-Heinz Bartens-Winter nicht aus der Ruhe zu bringen. Auch wenn es ihm an Anlässen für Wutausbrüche nicht mangelt. Zu den Klienten des Anwalts zählen auch Asylbewerber. Da ist er viel gewöhnt im Umgang mit Behörden. Aber vor ein paar Tagen platzte ihm der Kragen. Monatelang war seine Mandantin H. B. durch das Solinger Ausländeramt schikaniert worden. Und das, weil sie einen Deutschen heiraten wollte. In „einer Stadt der Brandstifter“, so schrieb der Anwalt dem Solinger Oberstadtdirektor Dr. Deubel bitterböse ins Stammbuch, stünde den Behörden ein etwas „sensiblerer Umgang“ mit Ausländern gut zu Gesicht. Tatsächlich trete im Verhalten des Amtes aber eine „latente Ausländerfeindlichkeit“ zutage, die ihn erschrecke.
Klagen über das Solinger Amt hört man allerorten. Einmal konnte die Abschiebung eines kurdischen Flüchtlings, den die Stadt trotz Abschiebestopps ins Flugzeug verfrachten wollte, nur durch eine einstweilige Verfügung verhindert werden. Dann wieder ängstigte die Behörde Asylbewerber mit kleinlichen Streiteren um Papiere. Diesmal geht es um eine Asylbewerberin aus der Türkei, die in Solingen einen Deutschen geheiratet hat. Doch diese eheliche Lebensgemeinschaft stieß in der Behörde nicht gerade auf Wohlwollen.
Zunächst bedeutete das Amt der Türkin, deren Asylverfahren bei der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) in Würzburg läuft, sie könne in Solingen nur bleiben, wenn sie ihren Asylantrag zurücknehme. Weil die junge Frau darauf nicht einging, drohte man ihr, sie „in Handschellen“ dorthin zu fahren. Statt mit der Würzburger Behörde im Wege der Amtshilfe die ihr zustehende Aufenthaltsgenehmigung für Solingen abzuklären, wurde die Frau monatelang schikaniert. Das, was die Solinger Behörde da veranstalte, so teilte der Würzburger Behördenleiter Katzorek dem Anwalt daraufhin mit, könne er nur noch als „Kasperletheater“ bezeichnen.
In Solingen stieß auch diese Kritik nur auf taube Ohren. Empört zeigte sich der Stadtdirektor allein über des Anwalts scharfen Ton. Der Brief sei „unverschämt“ und enthalte „ehrverletzende verbale Entgleisungen“ – eines Anwaltes „unwürdig“. Er behalte sich im übrigen vor, „die Anwaltskammer über diesen Vorfall zu informieren“. Bartens-Winter schrieb zurück. Der Oberstadtdirektor möge doch bitte zur Kenntnis nehmen, „daß wir Deutschen nicht nur das Land der Dichter und Denker sind, sondern ebenfalls das Land der KZ-Mörder und Folterer“. Vor diesem Hintergrund habe er Solingen „als die Stadt der Brandstifter bezeichnet“, und „diese schlichte Tatsache“ sei zumindest auch vom Düsseldorfer Oberlandesgericht so bestätigt worden. Statt ihm mit der Anwaltskammer zu drohen, solle Deubel seine Kraft besser darauf verwenden, in seiner Behörde „dafür zu sorgen, daß zukünftig Ausländern das Leben nicht unnötig schwergemacht wird“. Dann werde man beim Namen Solingen künftig „nicht nur an Brandstifter denken“, sondern „eventuell auch an eine vorbildlich tolerante und hilfreiche Ausländerbehörde“. Walter Jakobs
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