: 600.000 Mark in fünf Jahren
■ Mit einem Staatssekretärspöstchen hat man ausgesorgt. Jährlich zahlt Berlin drei Millionen Mark für Versorgungsleistungen. Selbst Senatoren erhalten weniger Geld
Staatssekretär müßte man sein. Auch wer sich nach vierundzwanzig Stunden im Amt mit seinem Senator überwirft, hat praktisch ausgesorgt: Als Beamter auf Lebenszeit stehen einem Ex-Staatssekretär rund 10.000 Mark pro Monat für die Dauer von fünf Jahren zu. Eine gesetzliche Regelung, die selbst ein Mitarbeiter der Innenverwaltung „überzogen“ findet. Trotz großspuriger Versprechungen in der Vergangenheit bleibt Berlin dabei, die Zahl von 23 Staatssekretären nicht zu reduzieren. Und dies, obwohl der Senat von 15 auf jetzt 10 Ressorts verkleinert wurde.
Die fünf Staatssekretäre, die vergangene Woche in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurden, können es sich nun gutgehen lassen. Selbst nach fünf Jahren, also 2001, winkt ihnen noch ein quasi lebenslanges Ruhegehalt von mindestens 4.500 Mark. Derzeit muß das hochverschuldete Land 35 Staatssekretäre versorgen, die in den letzten Jahren in den einstweiligen Ruhestand geschickt wurden. Kosten pro Jahr: insgesamt drei Millionen Mark. Der Betrag dürfte noch höher ausfallen, weil die fünf neuen Versorgungsfälle noch gar nicht eingerechnet wurden.
Die Staatssekretäre stellen mit ihren gesetzlich verankerten Versorgungsansprüchen selbst ihre Vorgesetzten, die Senatoren, in den Schatten. Denn die müssen vier Jahre im Amt gewesen sein, um für die Dauer von maximal zwei Jahren ein sogenanntes Übergangsgeld zu bekommen. Die ersten drei Monate erhalten sie die vollen Amtsbezüge von 18.500 Mark und die restlichen 21 Monate die Hälfte. Während Staatssekretäre sofort in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, haben Senatoren erst mit dem vollendeten 55. Lebensjahr einen Anspruch auf das Ruhegehalt, das sich bei vierjähriger Amtszeit auf 47 Prozent ihres Bruttoverdienstes beläuft. Um mehr Ruhegeld als sein Staatssekretär zu bekommen, muß ein Senator zwei Amtszeiten überstehen. Erst dann winken ihm 12.000 Mark monatlich.
Zeitweilige Überlegungen, die Apanagen für Staatssekretäre herunterzusetzen, sind ebenso im Sande verlaufen wie die Diskussionen, jede Senatsverwaltung statt mit zwei mit nur einem Staatssekretär auszustatten.
Geradezu „atemberaubend“ nennt Renate Künast, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Versorgungsregelungen für Staatssekretäre. Nachdem in der letzten Legislaturperiode ein Gesetzentwurf der SPD von der eigenen SPD-Fraktion verhindert wurde, planen Bündnis 90/Die Grünen nun einen neuen Gesetzentwurf: Demnach soll Staatssekretären künftig mindestens ein halbes und maximal zwei Jahre lang ein Übergangsgeld gezahlt werden, das sich zudem nach der Zahl ihrer Amtsjahre richtet.
Auch das Ruhegeld selbst soll heruntergefahren werden: Nur wer mindestens sieben Jahre im Amt war, soll in den Genuß von 35 Prozent der Bezüge kommen. Weiterhin sieht der Gesetzentwurf vor, die Beamten auf Lebenszeit in ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis des Landes Berlin zu übernehmen, ähnlich, wie es bereits in Baden-Württemberg praktiziert wird. Nur so könne man den „gordischen Knoten durchschlagen“, meint Künast. Barbara Bollwahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen