piwik no script img

Vom offenen Vollzug zurück in die Zelle

■ Weil Männerknäste voll sind, müssen Frauen Platz machen

Dreizehn Frauen aus dem offenen Strafvollzug der Haftanstalt Plötzensee sollen wieder hinter hohe Mauern. Das zumindest plane der Senat, fürchten die Häftlinge. Weitere 32 Freigängerinnen, die ein festes Arbeitsverhältnis haben, sollen in eine neue offene Einrichtung in Neukölln verlegt werden. Ihr Freigängerhaus soll am 29. Februar für den offenen Männervollzug geräumt werden. „Das sind nur Vorüberlegungen, die derzeit mit Häftlingen und Gefängnispersonal besprochen werden. Einen festen Termin gibt es erst recht nicht“, beschwichtigt Christoph Flügge, zuständig für Haftanstalten in der Justizverwaltung. Auch an eine Auflösung des offenen Vollzugs sei nicht gedacht.

Sollten Frauen in den geschlossenen Bereich zurückkehren, würden sich ihre Haftbedingungen nicht verschlechtern. „Sie bleiben weiter im offenen Vollzug. Sie leben in einem separaten Haftbereich, in der gleichen Zellengröße und mit allen bisherigen Freiheiten. Nur daß sie ein Gitter vor dem Fenster haben“, so Flügge.

Doch die Frauen haben Angst, die Vorteile des freien Vollzugs im normalen Gefängnis zu verlieren und „unter den Druck ihrer nicht privilegierten Mitinsassinnen zu geraten“, erklärt der Beiratsvorsitzende der Frauenhaftanstalt, Peter Klepzig. Dazu käme der psychische Druck, in den geschlossenen Bereich zurückkehren zu müssen. Als Grund gibt Flügge die verschärfte Situation in den Männergefängnissen an. Haftanstalten wie Tegel „quellen derzeit über“, so der Senatsbeamte. Doppel- und Dreifachbelegungen von Zellen seien keine Seltenheit mehr. Im offenen Vollzug müßten sich sogar vier Männer eine Zelle teilen.

„Wir müssen jede Möglichkeit abwägen und jeden freien Gefängnisplatz ausnutzen, um das Problem zu lösen“, so Justizstaatssekretär Detlef Borrmann. In der Frauenhaftanstalt Plötzensee sind dagegen derzeit 100 Zellenplätze frei. Ab 1997 sollen alle weiblichen Häftlinge in Gefängnisse nach Reinickendorf, Lichtenberg und Pankow umziehen. Plötzensee wird dann Männerknast. Torsten Teichmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen