: CDU im Transrapid-Dschungel – ratlos
■ Transrapid: Verkehrsminister kommt mit Zahlen und Kosten ins Tüdeln Von Heike Haarhoff
CDU-Fraktionschef Ole von Beust mutiert zur stärksten Krücke der transrapidal zerstrittenen SPD: „Wir wollen dem Senat in Hamburg mit dieser Veranstaltung Mut machen“, zu ihrem Ja-Wort zur Magnetschwebebahn zu stehen, leistete Ole „Sunny“ von Beust gestern dem technikgläubigen SPD-Flügel Beistand. Zur Rechten von Beusts saß derweil Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, der über die Widersprüche in Arbeitsplatz-, Fahrgast- und Kostenprognosen hinwegschwebte.
Die Unstimmigkeiten fangen bei einem Gutachten der Betreiberindustrie an, nach dem in der Bauphase des Transrapids 18.000 Arbeitsplätze entstünden; langfristig wären es dann 4400 direkte und indirekte, beteuerte Wissmann. Zu seinem Pech hatte er seine Rede nicht mit dem Papier der hanseatischen Christdemokraten abgestimmt. Das beruft sich auf die Wirtschaftsbehörde und prahlt immerhin mit 10.000 Arbeitsplätzen „im späteren Betrieb“. „Auf die Zahl genau“, fand Wissmann die Journalisten-Einwände kleinlich, könne man die Jobs nicht vorhersagen. Seine Schätzungen seien doch „sehr konservativ“.
Der deutsche Technologie-Vorsprung müsse genutzt und exportiert werden. Nach mehr als zehnjähriger Planung gibt es zu den Exportchancen des Superzugs auch eine ganz frische Marketing-Studie der Firma Thyssen, auf deren Vorstellung allerdings verzichtet wurde.
Der Berichterstatter im Bundes-Verkehrsausschuß, Werner Kuhn (CDU), hatte Ende Januar gegenüber der taz das Finanzierungskonzept angezweifelt: „Da werden zusätzliche Kosten entstehen, die nicht im Finanzierungskonzept enthalten sind.“ Was Kuhn dazu gebracht haben könnte, vermochte Wissmann nicht zu sagen. Die Infrastruktur, sagte er, werde „ausschließlich von der öffentlichen Hand“ finanziert. Hamburg entstünden Null Kosten. Wie der steigende Individualverkehr am Hauptbahnhof zu bewältigen sei, wußte Wissmann auch nicht so recht: Öffentlicher Nahverkehr sei als Zubringer vorhanden; Autos sollten in Moorfleet abgestellt werden. Sollte dieser zweite Haltepunkt nicht kommen, müsse man mal „eben über ein Verkehrskonzept am Hauptbahnhof nachdenken“.
Die „Legende, daß erst 14,5 Millionen Fahrgäste jährlich den Transrapid rentabel machen“, soll plötzlich frei erfunden sein. Eine Überprüfung der Fahrgast-Prognose, so Wissmann, habe ergeben, daß es zwar eventuell nur noch zehn oder elf Millionen sein könnten. Aber auch das sei kein Problem, denn schon bei 9,7 Millionen pro Jahr sei die Abschreibung für die gesamte Strecke garantiert. Abgeworben werden sollen die Passagiere neuerdings scharenweise vom Auto- und Flugverkehr: „Der Regional-Flugverkehr entfällt“, will von Beust wissen und fordert zugleich die Flughafen-Erweiterung. Bisher ging die Magnetschwebebahn-Planungsgesellschaft davon aus, daß von den 14,5 Millionen erwarteten Fahrgästen etwa 8,5 bis 10,2 Millionen aus dem Kontingent der Bahn übernommen werden sollten.
Die Transrapid-Planungen lägen ja „voll im Zeitplan“. Jede Verzögerung verursache zwar zusätzliche Kosten, zu erwartende Klagen von Betroffenen gegen die Planungen seien aber einkalkuliert. Daß die sich oft über Jahre hinziehen, bereitet Wissmann keine Sorge: 1998 solle der Bau beginnen – egal wie.
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