■ Kommentar: Ein Mann, kein Wort
Politische Kraftausdrücke wie „rückhaltlose Aufklärung“ und „sich persönlich dafür einsetzen“ rutschen einem schon mal heraus, wenn man Hamburger Innensenator ist, seit dem Fall Joel Boateng seinen ganz eigenen Polizeiskandal hat und sich obendrein auch noch in dem Image des Humanisten gefällt. Polizisten-Schutzmann Wrocklage hat nicht einmal seinen Einfluß geltend gemacht, um für einen gesicherten Aufenthalt des Zeugen Boateng zu sorgen.
Wer die Geschehnisse um den von Polizisten verprügelten Dialle D. noch in Erinnerung hat, wird sich eines Déjà-Vu kaum erwehren können. Auch dort wurde das Opfer zum Täter, auch Dialle versuchten Ausländerbehörde und Staatsanwaltschaft mit vereinten Kräften Straftaten anzuhängen, um den unliebsamen Zeugen möglichst schnell abschieben zu können.
Aufräumen wollte Wrocklage nach dem Rücktritt Hackmanns, als neuer Besen dem verkrusteten Apparat zu Leibe rücken. Ein Mann, kein Wort. Denn es gibt nicht nur den Fall Joel Boateng. Auch der Polizist und Kronzeuge Uwe Chrobok wartet noch immer auf einen unterstützenden Anruf des Senators. Weder der Journalist Oliver Neß noch andere offensichtliche Opfer polizeilich angewandten Faustrechts haben jemals eine Entschuldigung aus dem Munde Wrocklages gehört.
Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers heißt auch dieses Mal wieder das Schutzschild, um den Polizeiskandal zum „sogenannten“ zu machen. Boateng wird unters polizeiliche Mikroskop gelegt, als sei eine Scheinhinrichtung weniger kriminell und rassistisch, wenn das Opfer aus der Drogenszene stammt. Silke Mertins
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