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Wegen Mattenflucht in die Bank geschickt

■ Eindrücke von den Meisterschaften der griechisch-römischen Ringer in Harburg

„Passivität von Blau“ wird Thomas Brandt aus den Zuschauerreihen vorgeworfen, und: „Mensch, ihr seid doch nicht beim Training.“ Der Betroffene winkt grinsend ab. Selbst als er wegen Mattenflucht „in die Bank“ muß, kann ihn das nicht aus der Fassung bringen: Blau geht in die Knie, und kurz darauf wird sein Körper durch einen mysteriösen Sog an die Matte gepreßt. Zu früh bewegt, meint der Schiedsrichter, also dasselbe Spielchen nochmal von vorne.

So bestimmten am Sonntag Hamburgs Griechisch-Römisch-Ringer ihre neue Rangordnung. Mit Überraschungen war nicht zu rechnen, dafür war das Leistungsgefälle zu groß. Die Hamburger Elite kämpft beim SC Roland, der acht von zehn Meistertiteln holte. Knapp zwanzig Freunde, Verwandte und Bekannte waren in Harburg dabei – eine familiäre Atmosphäre.

Auch die Ringer kennen sich untereinander gut. Das führt hier und da zu mangelndem Ernst auf der Matte und bringt den Schiedsrichter auf die Palme. Vor allem als sich die schlacksigen Brüder Martin und Anthony Baydar mit Gezeter und Gebrüll auf der Matte balgen, wie sie das vermutlich auch schon als Dreijährige taten, findet's der Unparteiische gar nicht lustig. Ist es aber, denn es ist der spannendste Kampf des Tages: 21 zu 20 gewinnt Martin am Ende. Mit Thomas Brandt und Jan Bülow vom FSV Harburg treffen sogar Trainer und Schüler aufeinander. Trainer Brandt schmiert seinem Schützling erstmal eine. Der guckt einen Moment leicht konsterniert, dabei war das doch nur eine etwas heftig ausgefallene Liebkosung zur Begrüßung. Doch schließlich läuft der Kampf weiter.

Im griechisch-römischen Stil dürfen Griffe nur am Oberkörper angesetzt werden – Beineinsatz ist tabu, Brandt und Bülow dürfen sich nur „umarmen“. Auf dem Höhepunkt der Verknotungen kommentiert eine Zuschauerin: „Das ist –ne anstrengende Stellung, was die jetzt machen.“ Der Trainer verkraftet die Anstrengungen zunächst besser – im Finalkampf muß sich Brandt allerdings geschlagen geben: Meister bis 68 Kilo wird Jaber Golivand vom Hinschenfelder SV.

Harald Goller

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