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Aztekischer Klimbim

■ Vom Mondlicht: Robert Rodriguez' "From Dusk till Dawn" (Wettbewerb)

Auch wenn die Schmuddelkinder der Filmgeschichte seit „Ed Wood“ und „Pulp Fiction“ allenthalben höhere Weihen erfahren – einem Moritz de Hadeln (wer ist dieser Mann?) muß man sie wohl immer noch unterjubeln. Das Trojanische Pferd, in das dieser Schlockfilm hier gekleidet ist, ist eine ganz gewöhnliche Crime Story. Zwei Brüder, der eine ein kühler Latino (George Clooney, ist in Wirklichkeit gar keiner), der andere ein paranoider Nutcase (Quentin Tarantino), rauben eine Bank in Texas aus, nehmen zwei hübsche Geiselinnen und hinterlassen eine angemessene Blutspur im Wüstensand.

Schließlich treffen sie auf eine Familie (Harvey Keitel als gefallener Pastor, Juliette Lewis als liebes Mädchen und Ernest Liu als ihr Bruder), die sie und den Zaster über die Grenze nach Mexiko bringen soll. Die Sonne flimmert, die Wüste auch, die Boots knirschen auf dem Schotter, die Motels sind Flophouses, und die Schnapsläden heißen „Eine Welt voller Schnaps“. Irgendwie schaffen sie es am FBI vorbei über die Grenze und in die Freiheit. Also, ein Stripjoint wird aufgesucht, die Titty Twister Bar, und vor der Tür steht jemand und ruft Dinge, die er Gloria Steinem besser nicht hören läßt („Wir haben braune Pussy, weiße Pussy, Mexican Pussy; wir haben riechende, nasse und heiße Pussy oder kalte Pussy oder Hühnerpussy“). Aber es ist nur für Truck Driver. Sie gehen trotzdem alle rein. Hier soll jetzt weiter nichts verraten werden, außer daß der Film etwa auf der halben Wegstrecke komplett und unerwartet das Genre wechselt.

Aus dem Bauch des Trojanischen Pferdes springen Figuren, die man sonst nur aus Splatterfilmen kennt, schleimige, inkonsistente Gesellen, die andere beißen und dadurch zu ihresgleichen machen oder unverrichteterdinge unschön zerdampfen und zerschmelzen. – Hier also wieder, wie bei der letzten Berlinale schon, ein Vampirfilm, allerdings hier vermengt mit Tarantino-Dialogsound und aztekischen oder sonstwie prämexikanischem Klimbim dabei. Man lernt hier die Morgendämmerung wieder mit ganz neuen Augen zu sehen, dankbar irgendwie. Mariam Niroumand

„From Dusk Till Dawn“, USA 1995, 108 Min., Regie: Robert Rodriguez, mit: Harvey Keitel, Quentin Tarantino u.a.

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