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An die eigene Nase fassen

■ Für die Krise vom Vulkan kann der Osten nichts

Es ist schon komisch: Da blicken Wessis voller Neid in Richtung Osten. Dort ist die Produktivität höher, und die Betriebe scheinen eine realistischere Überlebenschance zu haben, im Westen hingegen sind Strukturen und Maschinen veraltet – so sieht es zumindest aus der Perspektive des Bremer Vulkan aus. Wer jetzt glaubt, daraus einen Ost-West-Streit machen zu können, der hat sich getäuscht. Die Werften in Ostdeutschland sind nicht schuld daran, daß es den Werftbetrieben im Westen so schlechtgeht. Im Gegenteil: Zumindest in den letzten Monaten haben die maroden Westfirmen Subventionen, die für Ostbetriebe bestimmt waren, abgezockt, um damit ihre finanziellen Löcher zu stopfen. Die Hilferufe aus Ostdeutschland in Richtung Bonn verhallten ungehört.

Schuld an dem Vulkan-Desaster sind Manager und Politiker, die eine falsche Strukturpolitik betrieben. Seit 20 Jahren wurde so an einer Industrie festgehalten, die nur mit massiver staatlicher Unterstützung überlebensfähig ist. Selbst die Bundesregierung räumt ein, daß jeder Werftarbeitsplatz jährlich mit mehr als 17.000 Mark gestützt wird. Die Realität sieht vermutlich noch etwas schwärzer aus. Hinzu kommt, daß die Vulkan-Werften in Bremen und Bremerhaven bei weitem unproduktiver sind als andere westdeutsche Schiffahrtsunternehmen. Der Griff in die Kasse der ostdeutschen Schwesterunternehmen hat diesen Umstand noch verschärft. Das aber kann man den Werften in Mecklenburg-Vorpommern nun wirklich nicht zum Vorwurf machen.

Die Frage bleibt, warum das Bonner Wirtschaftsministerium trotz deutlicher Hinweise schon im letzten Spätsommer nicht reagiert hat. Schließlich haben Rexrodts Mannen die Aufgabe, die Verwendung der von der EU genehmigten Subventionen zu kontrollieren. Noch Ende vergangenen Jahres hatte die Bundesregierung gegenüber der EU erklärt, ein Mißtrauen gegenüber Vulkan sei unangebracht.

Egal ob die Leute im Wirtschaftsministerium bewußt weggeguckt haben oder nichts bemerkten: Wenn sich tatsächlich herausstellt, daß die Vorwürfe von EU-Kommissar Karel van Miert richtig sind, dann ist nicht über den Osten zu meckern, sondern Rexrodt zu entlassen. Wer sollte so eine Flasche in Brüssel noch ernst nehmen? Annette Jensen

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