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Frauenliebe, Frauenleiden

■ Christoph Willibald Glucks fast vergessene Oper Armide wird von Peter Mussbach in den Spielplan der Hamburger Staatsoper gehoben

„...Und ein unfaßbarer Zauber zwang mich, ihn zu lieben in dem verhängnisvollen Augenblick, als er mein Herz durchbohrte.“ Armide, Herrscherin von Damaskus, ist mit beneidenswerten Fähigkeiten gesegnet: Jeder Mann verfällt ihrer Schönheit, mit ihren Zauberkünsten macht sie sich Mann und Natur untertan. Diese Verführerin, zentrale Figur in Torquato Tassos 1575 vollendetem Das befreite Jerusalem, soll den mittelalterlichen Glaubenskrieg zwischen Moslems und Christen beenden, indem sie die feindlichen Kreuzritter betört und damit außer Gefecht setzt. Doch der genial teuflische Plan scheitert, als Armide dem Ritter Rinaldo begegnet. Er, der seine gefangenen Glaubensbrüder befreien soll, bringt die Zauberin zu Fall: Als sie den Christen töten will, verliebt sie sich in ihn. Nach kurzem Liebesglück wird der Held jedoch an seine Pflichten erinnert und verläßt die schöne Geliebte. In ihrem Wahn zerstört sie ihren Zaubergarten und stirbt am eigenen Zorn.

Fasziniert von dieser Figur, widmete Christoph Willibald Gluck ihr eine ganze Oper. Armide, 1777 schon gegen Ende von Glucks Schaffen in Paris uraufgeführt, ist die Vertonung eines Librettos von Philippe Quinault, basierend auf Tassos Vorlage. Gluck wollte „mehr Dichter und Maler als Musiker“ sein und stellte seine Heldin bewußt in den Vordergrund, um ihr Schicksal ganz deutlich zeichnen zu können. Und wie stets versuchte Gluck, seine Musik in den Dienst der Geschichten zu stellen, die er verarbeitete.

Peter Mussbach, der Armide nun an der Hamburger Oper im eigenen Bühnenbild inszeniert, nimmt Glucks Vorgaben ebenso ernst wie die Figuren der Oper. Es geht für ihn nicht um den Glaubenskrieg, sondern um die Liebe, die daran zerbricht. Der an sich zeitgebundene Konflikt läßt sich ebensogut mit Zwängen unserer heutigen Welt vergleichen, und so zieht Mussbach gedankliche Parallelen zwischen der damaszenischen Fürstin und z.B. Lady Di. Daß der Regisseur nicht in platte Modernismen verfällt, hat er 1992 bei der Hamburger Uraufführung von Wolfgang Rihms Eroberung von Mexico bewiesen, die er den Zuschauern in zeitlos-schönen und gleichzeitig immer nachvollziehbaren Bildern präsentierte.

Es verwundert nicht, daß Muss-bach, der vor allem durch zeitgenössische Werke wie Wozzeck, The Rake's Progress und die im letzten Jahr in Salzburg gefeierte Lulu Aufsehen erregte, sich an einem scheinbar veralteten Stoff entzünden kann. Schließlich ist Armides selbstzerstörerische Leidenschaft heute so aktuell wie vor über 400 Jahren. Christian Carsten

Premiere am 3. März, Staatsoper

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