: Das Findelkind aus dem Nichts
■ Eine Genomanalyse soll klären, ob Kaspar Hauser ein badischer Erbprinz war
„Hier ruht Kaspar Hauser – Ein Rätsel seiner Zeit, unbekannt die Herkunft, mysteriös der Tod“ steht auf dem Grabstein am Ansbacher Stadtfriedhof. Zumindest die Herkunft des berühmten Findlings, der 1828 gleichsam aus dem Nichts in Nürnberg aufgetaucht ist, wollen Wissenschaftler jetzt endgültig beweisen. Eine Genanalyse soll mehr als 160 Jahre nach dem gewaltsamen Tod Hausers klären, ob der junge Mann tatsächlich ein vertauschter badischer Erbprinz war und dynastischen Intrigen zum Opfer fiel, wie die Historiker vermuten.
Ansatzpunkt ist ein Blutfleck auf der Unterhose, die Kaspar Hauser getragen haben soll, als ein Unbekannter am 14. Dezember 1833 im Ansbacher Hofgarten das tödliche Attentat auf ihn verübte. Aus diesem Blut soll ein „genetischer Fingerabdruck“ gewonnen und mit dem genetischen Code von Nachfahren aus dem Hause Baden verglichen werden, erklärte der Historiker Willi Korte. Der Fleck mit einem Durchmesser von acht Zentimetern wird in den nächsten Monaten – unabhängig voneinander – am Institut für Rechtsmedizin in München und am Forensischen Institut des britischen Innenministeriums untersucht, erklärte Korte, der als Experte für historische Ermittlungen gilt. Auf ähnliche Weise hat er bereits die angeblich letzte russische Zarentochter Anastasia posthum als Hochstaplerin entlarvt.
Wenn Kaspar Hauser wirklich der 1812 geborene Sohn von Stephanie Beauharnais war, der Frau des Erbprinzen Karl von Baden, dann müßte er drei Schwestern gehabt haben. Einige Nachfahren aus diesen Familien, nach Kortes Worten „meistens Damen im reifen Alter“, haben zugesagt, Blutproben zur Verfügung zu stellen. „Sollten die genetischen Informationen übereinstimmen, wäre dies der Beweis, daß tatsächlich eine Erbverbindung vorliegt“, sagte Professor Wolfgang Keil vom Institut für Rechtsmedizin in München. Es sei möglich, auch über viele Generationen hinweg qualifizierte Vergleichsangaben zu erhalten.
Im Frühsommer wollen die Forscher erste Ergebnisse präsentieren. Finanziert wird die Aktion zum größten Teil vom Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Über die Kosten schwieg sich Chefredakteur Stefan Aust, der persönliches Interesse an dem Fall bekundete, jedoch aus. Nur soviel verriet er: „Es wird nicht ganz billig.“ Stephan Maurer, dpa
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