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Für kritische Forschung ungeeignet

■ Wird Leukämieforschung behindert? / Neuer Blutkrebsfall in Elbmarsch Von Marco Carini

Kritische Forschung unerwünscht, Atomkritikerin ausgebremst. Das Fernsehmagazin „Monitor“ erhob in einem am Donnerstag abend ausgestrahlten Beitrag den Vorwurf, die Leukämiestudien der Bremer Physikprofessorin Inge Schmitz-Feuerhake würden von der Bundesregierung massiv „behindert“.

Schmitz-Feuerhake, die in den Kommissionen zur Ursachenerforschung der Leukämie in der Elbmarsch sitzt, hatte in Bonn ein für ihre Studien dringend benötigtes Gerät beantragt, mit dem sie am Zahnschmelz die Strahlenbelastung der Elbmarsch-BewohnerInnen messen wollte. Erfolglos – der Antrag der als Atomkritikerin bekannten Wissenschaftlerin wurde abgelehnt.

Begründung von Bundesseite: es hätte „nicht nachgewiesen werden können, daß das beantragte Gerät für die Bearbeitung der vorgeschlagenen Forschungsarbeiten geeignet ist“. Und das, obwohl die bundeseigene „Gesellschaft für Strahlenforschung“ erst vor kurzem das beantragte Untersuchungs-Verfahren als äußerst zuverlässig gelobt hatte.

Doch Inge Schmitz-Feuerhake wird sich durch solche Behinderungen den Mund wohl kaum verbieten lassen. Auf einer Tagung der Arbeitsgruppe „Leukämie in der Elbmarsch“ erklärte die Wissenschaftlerin am Mittwoch abend erneut, daß sie nach allen bisherigen Untersuchungen davon ausgehe, daß die Häufung von Blutkrebsfällen in der Elbmarsch das Ergebnis „chronischer Leckagen“ des Atommeiler Krümmel sei. Seine vom Kieler Energieministerium verfügte Wiederinbetriebnahme würde die Gesundheit der Bevölkerung gefährden.

Auf der Sitzung erklärte Eberhard Greiser vom Institut für Präventionsforschung in Bremen, in den elbnahen Landkreisen Harburg, Lüneburg und Lauenburg seien zwischen 1984 und 1993 insgesamt 1985 Leukämiefälle diagnostiziert worden. Die Häufigkeit habe seit 1986 „drastisch“ zugenommen, der Anstieg sei „besorgniserregend“ und vermutlich „nicht auf natürliche, sondern vom Menschen gemachte Faktoren“ zurückzuführen.

Greiser will jetzt jeden Einzelfall innerhalb der kommenden 27 Monate untersuchen. Im Rahmen einer sogenannten „Fall-Kontroll-Studie“ erhalte jeder Betroffene einen rund 1000 Fragen umfassenden Fragebogen zu Wohnsituation, Ernährungsgewohnheiten, Arzneieinnahme, Röntgenbelastungen und anderen Umständen, die eventuell die Krankheit ausgelöst haben könnten.

Greiser: „Wir müssen alle Risikofaktoren berücksichtigen, damit uns die Betreiber von Krümmel nicht vorwerfen können, wir hätten mögliche Ursachen nicht untersucht“. Würden sich keine anderen Gründe ergeben, „können wir“, so Greiser, das letzte Indiz liefern“, daß die erhöhte Erkrankungsrate durch radioaktive Belastungen ausgelöst sein dürfte.

Der Bremer Wissenschaftler wird mindestens einen Fragebogen mehr verteilen müssen: Wie der leitende Medizinaldirektor der Bezirksregierung Lüneburg am Rande der Sitzung mitteilte, gibt es einen weiteren Blutkrebsfall in der Elbmarsch. Ein Arzt habe der Behörde am 22. Januar mitgeteilt, daß eine Frau mittleren Alters an „akuter lymphatischer Leukämie“ erkrankt sei. Es wird wohl nicht der letzte Blutkrebsfall bleiben.

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