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Störfall stört Privatisierung

Heimlichtuerei um verbogenen Brennstab im AKW Heysham in Großbritannien. Im Sommer sollen sieben Atommeiler verkauft werden  ■ Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) – Dieses Mal war es nicht die unfallträchtige Plutoniumschleuder Sellafield im Nordwesten Englands. Aber die britische Atomindustrie hat ja noch mehr zu bieten: Der neueste Störfall ereignete sich in Heysham 2 in Lancashire, gar nicht weit von Sellafield entfernt. Das Sicherheitssystem des gasgekühlten Reaktors der neuen Generation schaltete die Anlage am 29. Januar dieses Jahres gleich zweimal ab, wie erst jetzt bekannt wurde. Ein sieben Tonnen schwerer Brennstab war während des Auswechselns im Reaktorkern steckengeblieben. Der zweite Versuch schlug ebenfalls fehl. Die Anlage war 18 Tage außer Betrieb.

Grund für den Zwischenfall war ein verzogener Einführschacht. Die britische Regierung hat eine Untersuchung eingeleitet, die auch den baugleichen Reaktor im schottischen Torness miteinbeziehen soll. Man befürchtet nämlich, daß es sich dabei um einen Konstruktionsfehler handelt. Ein Sprecher der Betreiberfirma Nuclear Electric betonte, daß bisher bereits 150 Brennstäbe problemlos ausgetauscht worden seien – insgesamt gibt es 220 Brennstäbe, die eine Lebensdauer von zwei Jahren haben.

Aber erst in letzter Zeit werden die gasgekühlten Reaktoren bis an die Grenze ihrer Kapazität gefahren, damit die Atomindustrie endlich schwarze Zahlen schreibt. Schließlich sollen im kommenden Sommer sieben Atomkraftwerke privatisiert werden. Es handelt sich dabei in allen Fällen um gasgekühlte Reaktoren. Die vergammelten Magnox-Meiler hatte man ohnehin von der Privatisierung ausgenommen, weil sonst potentielle Interessenten abgeschreckt würden.

In der Atomindustrie machen sich die Manager nun Sorgen, daß die hohe Belastung nicht nur in Heysham zum Verbiegen der Einfuhrschächte geführt hat. Denn wenn ein Brennstab im Reaktorkern steckenbleibt, kann das Kühlmittel nicht mehr ungehindert fließen. Die Folge ist eine Überhitzung des Brennstabs. Im schlimmsten Fall zerbricht er, fällt auf den Reaktorboden und löst eine Kernschmelze aus.

Die britische Atomaufsichtsbehörde hat vorsichtshalber angeordnet, daß die Brennstäbe in Heysham 2 und Torness künftig nur dann ausgewechselt werden dürfen, wenn die Anlage vollständig abgeschaltet ist – ein schwerer Schlag für die Rentabilität von Nuclear Electric und ihrem schottischen Schwesterunternehmen, Scottish Nuclear.

Von den sieben Atomkraftwerken, die demnächst verscherbelt werden sollen, ist nur noch bei Hinkley Point B in Somerset und Hunterston B im schottischen Ayrshire der Austausch der Brennelemente während des Betriebs gestattet; sie sind anders konstruiert. Den übrigen drei – Dungeness in Kent, Heysham 1 und Hartlepool in Cleveland – hatte man diese Genehmigung von vornherein verweigert.

Die Atomindustrie wartet jetzt mit angehaltenem Atem auf das Ergebnis der breitangelegten Untersuchung, die über den Erfolg der Privatisierung entscheiden könnte. Einzelheiten über den Störfall in Heysham 2 sind bisher geheimgehalten worden. AtomkraftgegnerInnen haben schon immer befürchtet, daß die Privatisierung der Atomindustrie zu Lasten der Sicherheit gehen werde. Der Zwischenfall in Heysham und die Heimlichtuerei darum werden diesen Bedenken wohl noch weiter Vorschub leisten.

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