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Gebührenexplosion

■ Preis für Abwasser 32 Prozent rauf, Müll 25 Prozent / Millionen für Kläranlagen, bei Müllgebühren verschätzt

Eine gute und eine schlechte Nachricht gab es gestern aus dem Haus der Umweltsenatorin Tine Wischer. Die gute zuerst: Die Gebühren für Abwasser und Müllabfuhr bleiben bis Ende 1997 stabil. Die schlechte: aber erst ab 1.7., denn da sollen die Gebühren nochmal kräftig angehoben werden. Um satte 32 Prozent wird das Abwasser teurer, um 25 Prozent der Müll. Am kommenden Dienstag soll der Senat über eine entsprechende Vorlage des Umweltressorts entscheiden, und dort ist man guter Dinge, daß die Gebührenerhöhung auch verabschiedet wird. Alle Bedenken seien abgearbeitet worden, sagte Umwelt-Staatsrat Fritz Logemann gestern auf Anfrage. Noch Ende letzten Jahres hatte Bürgermeister Henning Scherf eine Gebührenanpassung schon im Januar verhindert, um die Privatisierung der BEB voranzutreiben. Die soll jetzt kommen, nur hat die Verzögerung den VerbraucherInnen nichts gebracht. Die Einnahmen, die schon im ersten Halbjahr in die BEB-Kassen hätten fließen müssen, werden nun auf die verbleibenden anderthalb Jahre bis Ende '97 umgeschlagen.

Statt 3,95 wird ab dem 1.7. der Kubikmeter Abwasser 5,22 Mark kosten. Damit liegt Bremen im oberen Drittel der Gebühren-Bundesliga der Großstädte. Allerdings: Bremen liegt auch weit oben in der Reinhaltung des Wassers. Um die EU-Richtlinien zur Einleitung von Phosphat und Stickstoff einzuhalten, haben die BEB fast 300 Millionen Mark in den Bremer Kläranlagen investiert. Die schlagen jetzt voll auf die Gebühren zurück. Den BremerInnen bleibt der Trost, daß sie dann hinter sich haben, was den BürgerInnen in anderen Kommunen noch bevorsteht.

Komplizierter ist die Erklärungslage bei den Müllgebühren. Daß BEB und Umweltsenatorin wieder an der Gebührenschraube drehen müssen, hat vor allem einen Grund: Müllentsorger wie Behörde haben sich bei der Umstellung des Sammelsystems auf die codierte Tonne schlicht in der Kalkulation verhauen. Erstens wurden sehr viel weniger Tonnen ausgegeben, als eigentlich veranschlagt war. Der Grund: Kein Mensch hat genau gewußt, wieviele MüllmacherInnen es in der Stadt eigentlich gibt. Als der geliebte kleine Kübel noch das Straßenbild beherrschte, da gab es eine ganze Armada sogenannter „Schwarztonnen“, die irgendwo geklaut worden waren und munter an den Straßenrand gestellt wurden. Hat niemand kontrolliert. Weniger Tonnen heißt automatisch weniger Einnahmen.

Zweite Fehlkalkulation: Es gab wesentlich weniger Zusatzleerungen als gedacht. In der öffentlichen Hysterie bei der Einführung des neuen Müllsystems hatte es lautstarke Proteste gegeben, daß die Zahl der Leerungen nicht ausreichen würde. Nur sind die Proteste nicht in zusätzliche Leerungen umgesetzt worden. Resultat für die BEB: Die Kosten für die Müllabfuhr sind konstant, unter anderem, weil die BEB kräftig rationalisiert haben, die Einnahmen sind weggesackt.

Das heißt nun konkret: Ein 1-Personen-Haushalt zahlt ab dem 1.7. statt 151,20 nun 189,60 jährliche Grundgebühr; ein 2-Pers.-Hh. statt 211,20 nun 264,60 Mark; ein 3-Pers.-Hh. statt 316,80 nun 396,60 Mark; ein 4-Pers.-Hh. statt 367,80 nun 460,20 Mark. J.G.

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