: Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine
12 Monkeys USA 1995, R: Terry Gilliam, D: Bruce Willis, Madeleine Stowe, Brad Pitt
Plötzlich kommt ein riesiger Fuß aus dem Himmel und zertritt alles auf der Erde. Dies ist die Schlüsselsequenz des Regisseurs Terry Gilliam, der sie in seinen Zeichentrickfilmen für „Monty Python's Flying Circus“ immer wieder animierte und auch seine Spielfilme nach dem gleichen Prinzip aufbaut. In seinem neuen Film ist sein Fuß aus den Wolken so groß wie noch nie vorher: Er vernichtet gleich 5 Milliarden Menschen, die im Jahre 1996 von einer Viren-Katastrophe dahingerafft werden. Im Jahr 2035 vegetieren die wenigen Überlebenden in einem ewig dunklen Unterwelt-System und der Häftling James Cole wird mit einer klapprigen Zeitmaschine in die Vergangenheit geschickt, um dort den Ursprung der Apokalypse zu untersuchen. Gilliam schlägt hier so viele irrsinnige Haken, daß man bis zur letzten Szene nie genau weiß, was man da eigentlich ansieht: einen Fiebertraum, ein Menetekel oder einen futuristischen Thriller? (hip) Schauburg, UT-Kino
B
Beim nächsten Kuß knall' ich ihn nieder Deutschland 1995, R: Hans-Christoph Blumenberg, D: Peter Fitz, Bettina Kupfer
„Blumenberg hat sich die Vita des halbjüdischen Schauspielers und Regisseurs Reinhold Schünzel vorgenommen, der noch bis 1937 unter den Nazis Filme drehen konnte, dann aber nach Hollywood emigrierte, wo er allerdings nicht recht Fuß fassen konnte. „Beim nächsten Kuß knall ich ihn nieder“ (so benannt nach einer Dialogzeile aus Schünzels „Land der Liebe“) macht keinen Hehl aus seinen Beschränkungen, arbeitet mit spartianischen Dekors und ohne Naturalismus. Dem Film tut das aber keinen Abbruch, die 33 Episoden aus dem Leben von Schünzel funktionieren sowohl als Parabel auf die Verstrickungen eines Künstlers unter dem Druck der Politik als auch als Portrait eines monomanischen Menschen.“ (epd-Film) Atlantis
Der Blick des Odysseus Griechenland/Frankreich/Italien 1995, R: Theo Angelopoulos, D: Harvey Keitel, Erland Josephson
Fast drei Stunden lang muß man hier durch naßkalten Schnee und Nebel waten. Nicht nur weil Angelopoulos aus Prinzip nur bei schlechtem Wetter seine Kamera laufen läßt, sondern auch weil er alles zäh und bedeutungsschwer in die Länge zieht. Harvey Keitel reist als modernes Odysseus durch die Länder des Balkans, um die verlorenen Filmrollen von zwei Filmpionieren zu finden. Aber überall findet er nur Elend, Schmerz und schlechtes Wetter. Er kann nicht einmal ein Taxi in Griechenland nehmen, ohne daß der Fahrer über den langsamen Tod seiner Heimat lamentiert. Der tragische Schluß in den Ruinen von Sarajewo ist dann so dick aufgetragen, daß es oft unfreiwillig komisch wirkt. Angelopoulos tränkt alles in die gleiche, depressive Grundstimmung und verspielt dadurch die Wirkung, die einige seiner Bilder für sich genommen durchaus haben. (hip) Kino 46
Bobo und die Hasenbande Deutschland/Ungarn/USA 1995, R: Jenö Koltai
„Der junge Hund Bobo wird einfach ausgesetzt, findet aber ziemlich schnell sechs gute Freunde. Bei diesem einfach animierten Zeichentrickfilm geht es vorrangig um gegenseitiges Helfen und das Lernen voneinander. Zähne zeigen ist in manchen Situationen die Devise. Für kleine Hasenfüße im Kino nicht nur eine nette Aufforderung, sondern manchmal auch, wenn zum Beispiel der Habicht angreift, eine kleine Mutprobe.“ (tip) UFA-Palast
Braveheart USA 1995, R: Mel Gibson, D: Mel Gibson, Sophie Marceau
„Gibsons brillante Idee ist es, die epischen Qualitäten des Stoffes voll auszuspielen (tragische Romanze, übermenschlicher Heldenmut, verschwenderische Aufnahmen und Tausende von Statisten) und all dem einen schwungvollen, zeitgenössischen Kick zu geben. So ist „Braveheart“ auch ein explosiver Actionfilm.“(New York Times) Ufa-Stern
C
Casino USA 1995, R: Martin Scorsese, D: Robert De Niro, Sharon Stone
„Während er die mit viel Gewalt angefüllte Geschichte von zwei guten Freunden und der Frau, die sie auseinanderbringt, erzählt, hat Scorsese offenbar keine neue Einsichten in die amoralische Lebensweise seiner Protagonisten gefunden. Dies ist ein leerer, langatmiger Film, ein enttäuschender Neuaufguß seiner brillanten früheren Arbeiten.“ (Worldpremiere) City, Ufa-Stern
Chungking Express Hongkong 1994, R: Wong Kar-Wai, D: Brigitte Lin Chjing, Tony Leung, Faye Wang
„Wong Kar-Wais Film erzählt zwei nur lose miteinander verknüpfte Geschichten - beide über liebeskranke Polizisten, die sich mit Frauen einlassen, die nicht gut für sie sind. Takeshi Kaneshiro versucht Brigitte Lin in einer Nachtbar kennenzulernen, ohne zu wissen, daß sie eine Herionschmugglerin ist, die einigen Kuriern nachjagt, die mit den Drogen verschwunden sind. In der zweiten Geschichte verliebt sich die knabenhafte Faye Wang (ein neuer Star ist geboren) in den Streifenpolizisten Tony Leung und bricht, während er arbeitet, regelmäßig in seine Wohnung ein, um sie umzudekorieren. So waren früher einmal die Filme von Godard: schnell, aus der Hand gefilmt, witzig und sehr, sehr hip. “ (Time Out) Filmstudio
D
Davor und Danach USA 1995, R: Barbet Schroeder, D: Meryl Streep, Liam Neeson
„Wieweit kann eine Familie zusammenhalten, wenn auf eines ihrer Mitglieder der Verdacht fällt, einen Menschen getötet zu haben ? Barbet Schroeder deutet zwar auch immer an, daß die Geschichte noch klischeehafter hätte verlaufen können, verzichtet aber andererseits nicht auf Halbherzigkeiten. Verbunden mit einer eindimensionalen Darstellung der männlichen Hauptdarsteller ist so ein Film entstanden, der seinen hehren Intentionen nur bedingt gerecht wird.“ (tip) UFA-Palast, UT-Kinicenter
Dead Man Walking USA 1995, R: Tim Robbins, D: Susan Saradon, Sean Penn
In seinem zweiten Film beschreibt Robbbins die schwere und aufreibende Arbeit der Schwester Hellen Prejan, die dem Mörder Matthew Poncelt in den Wochen vor seiner Hinrichtung seelischen Beistand liefert. Susan Saradon verkörpert sie als eine Nonne, wie es sie noch nie im Kino gab. Ohne Tracht und verklärten Gesichtsausdruck, auch nicht weltfremd oder komisch ist sie eine warmherzige und kluge Frau, die sich sehr anstrengt, ihre Arbeit so gut umd barmherzig wie nur irgend möglich zu verrichten. Eine Stärke des Film ist es, daß er nicht schwarz/weiß malt und es dem Zuschauer so unmöglich macht, allzu schnell Partei zu ergreifen. Neben den nur schwer erträglichen Details der Hinrichtung zeigt Robbins auch den grauenhaften Mord, er zeigt das Leid der Eltern der getöteten Jugendlichen. Vor allen Dingen zeigt er den Verurteilten als einen kaltherzigen, dummen und brutalen Rassisten. Sean Penn wirkt in dieser Rolle so authentisch und intensiv wie noch nie. Über weite Passagen wirkt der Film wie ein intimes Zweipersonenstück, in dem Sarandon und Penn ihre Rollen so tief ausloten, daß dabei viel mehr spürbar wird als nur der so gerne und oft bemühte Antagonismus zwischen der Heiligen und dem Monster. Auch hier verweigert uns Robbins die einfachen Antworten. (hip) Schauburg, UT-Kino
E
Eimerei Bremen 1996, R: Matthias Sabelhaus, D: Dennis Witthus, Caner Kiran
Bremer Premiere eines 13 Minuten langen Kurzfilms, den die Bremer Jungfilmer Matthias Sabelhaus und Sven Budelmann (Kamera und Schnitt) selber „eine rasante Slapstick-Komödie“ nennen. Kino 46
Eine kurze Geschichte der Zeit England 1991, R: Errol Morris, D: Stephen Hawking
Er ist nicht unbedingt der brillianteste Wissenschaftler unserer Zeit, aber durch die Umstände seiner Krankheit entspricht Stephen Hawking im Rollstuhl und mit seiner durch einen Synthesizer erzeugten Computerstimme perfekt den romantischen Vorstellungen von einem Genie, das sich durch die Schwächen des Körpers nicht von seinen geistigen Höhenflügen abhalten läßt. In einer der letzten Folgen der TV-Serie „Raumschiff Enterprise“ spielt er sich selber neben Schauspielern, die seine Kollegen Einstein und Newton verkörpern sollen. Aber schon bevor er so endgültig zum TV-Star und gleichzeitig in den Olymp der Genies befördert wurde, konnte man ihn 83 Minuten lang in diesem Dokumentarfilm bewundern. Unterlegt mit einer Weltraum-Musik von Philip Glass erzählt Hawkins hier seine Lebensgeschichte. Und er stellt (immerhin noch halbwegs verständlich) seine Haupttheorien zu Raum und Zeit vor, mit denen Hawking sehr erfolgreich versucht, Science und Science-Fiction zu verbinden. (hip) Gondel
Ein Schweinchen namens Babe USA 1995, R: Chris Noonan, D: James Cromwell, Magda Szubanski
„Das muß man erstmal auf die Beine stellen: Sprechende Tiere in einem Spielfilm, und das als Unterhaltungsstück für alle von 8 bis 80. Chris Noonan setzte diese unverfrorene Viecherei beschwingt und schweinisch gut in Szene.“ (Bremer) Schauburg, UT-Kinocenter
Eins und eins macht vier USA 1995, R: Andy Tennant, D: Deborah Dean Davis, Mary-Kate u. Ashley Olsen, Kirstie Alley
„Weil sie sich zum Verwechseln ähnlich sehen, fassen die Waise Amanda und die Halbwaise Alyssa einen Plan: Für einen Tag tauschen sie die Rollen. Das brav inszenierte Märchen vom doppelten Lottchen erfreut durch die putzigen Zwillinge und die süße Kirstie Alley.“ (TV-Spielfilm) City und UT-Kinocenter
The Element of Crime Dänemark 1984, R: Lars von Trier, D: Michael Elpick, Esmond Knight / Originalfassung mit Untertiteln
„Von Tiers Debütfilm, und dies merkt man auch. Alle Bremsen sind gelöst in diesem operativen Horrorthriller, gefilmt in Englisch und angesiedelt in einem surrealen, zerbombten und verregneten Hinterland von Nordeuropa, das ewig in schwefelig, gelbes Licht getaucht bleibt. Bogart trifft auf Borges wenn hier ein zerzauster Detektiv über den verrückten Berechnungen brütet, die ihn auf die Spur des diabolischen „Lotto Mörders“ führen sollen. Ein cinephiler Film, vollgestopft mit Einflüßen und filmischen Anspielungen, die zusammen mit der überbordenden Brillanz jeder einzelnen Einstellung manchmal eher ablenken als fesseln. Aber die absolute Sicherheit und Originalität macht dies zu einem Debüt, daß so verblüffend und spektakulär ist wie „Eraserhead". (Time Out) Kino 46
F
Familienfest und andere Schwierigkeiten USA 1995, R: Jodie Foster, D: Holly Hunter, Anne Bancroft
„Diese ist ein Frontbericht vom Zusammenprall unterschiedlicher Charaktere. Man muß sich ja nicht mögen, schließlich ist man miteinander verwandt. Der eine oder andere bittere Moment der Wahrheit kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Jodie Foster im Grunde eine Hymne an Nestwärme und Familienwerte gelungen ist, die mit einem Schuß Sentimentalität menschliche Schwächen beobachtet, ohne diese bloßzustellen.“ (D. Lackner) Modernes
G
Gestohlene Herzen USA 1996, R: Bill Bennett, D: Sandra Bullock, Dennis Leary
„Roz (Sandra Bullock) findet ihren Freund Frank (Denis Leary) ganz okay, er hat nur einen Fehler: Er hat den falschen Job. Seine Nebentätigkeit als Gelegenheitsdieb bringt auf lange Sicht nicht das, was Roz vom Leben erwartet. Das Hollywood-Debüt des australischen Regisseurs Bill Bennett ist wenig einfallsreich inszeniert. Und das, obwohl Denis Leary, der Zyniker diverser MTV-Spots, am Drehbuch mitarbeitete.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter
H
Heat USA 1995, R: Michael Mann, D: Robert De Niro, Al Pacino
„Clever war es, „Heat“ als Tragödie zu inszenieren. Michael Manns Film ist das klassische Drama zweier ewig zweifelnder, fatalistischer Männer, eingebettet in einen effizient und spannend gedrehten Thriller. Zum Schluß möchte man niemanden sterben sehen, so sehr sind die Grenzen zwischen Gut und Böse ambivalent geworden, ist das Scheitern im Menschlichen in den Vordergrund gerückt.“ (taz) UFA-Stern / Originalfassung im UFA-Palast
Hera Linds – Das Superweib Deutschland 1995, R: Sönke Wortmann, D: Veronica Ferres, Joachim Krol
„Ein Bestsellerautor, ein Erfolgsregisseur, eine bewährte Besetzung, ein dynamischer Produzent: Was soll da schiefgehen? Hera Linds Erfolgsroman „Das Superweib“ lieferte Sönke Wortmann und Produzent Bernd Eichinger die Vorlage für die Komödie um Franziska, die durch Zufall zur Bestsellerautorin wird. Wortmann ist sicher einer der talentiertesten deutschen Komödienmacher. Das merkt man auch dem Film an, obwohl alles ein bißchen nach Routine riecht.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, Ufa-Palast und Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshsn.)
Honigmond Deutschland 1995, R: Gabriell Barylli, D: Veronica Ferres, Anica Dobra, Julia Sternberger, Uwe Ochsenknecht
„Es ist alles wie gehabt: Statt derer zwei wie in „Abgeschminkt“ sind es hier drei Frauen, die ihre bittersüßen Erfahrungen mit der Männerwelt machen. Christine verliebt sich in einen verheirateten Apotheker. Barbara wird von ihrem Angetrauten betrogen und Linda kriegt ein Kind von einem Australier. Mehr Frust als Lust herrscht also im lärmenden WG-Haushalt des Damen-Dreigestirns, das aber aus Schaden nicht klug wird. Das alles ist so einfallslos und einfältig zusammengewürgt, daß es jeder Beschreibung spottet. Allein unter Frauen sucht der gelangweilte Betrachter nach dem Sinn dieser pubertären Plotte, die mehr Hektik als Humor serviert.“ (Bremer) UFA-Stern
J
Julius Ceasar USA 1953, R: Joseph L. Mankiewicz, D: Marlon Brando, John Gielgud, James Mason /Originalfassung
„Mankiewicz bemühte sich, diese Mischung aus britischer Theatralität, Method-Schauspielerei und MGM-Spektakel miteinander zu vereinigen, aber der Film wird ganz klar von Brando geprägt. Nach seinen explosiven Tiraden erscheint die Diskussion zwischen Casius und Brutus - wenn auch erheblich abgekürzt - langweilig und leblos. Und die Schlacht von Philipi bringt einen anständigen Film zu einem traurigen Schluß, denn alles sieht verdächtig nach einem Comanchen-Hinterhalt in einem Western aus.“ (Rene Jordan) Kino 46
Jumanji USA 1995, R: Joe Johnston, D: Robin Williams, Bonnie Hunt, Kirsten Dunst und die Drolly Dinos
„Viel Trick-Getöse in einer netten Story ohne Tiefgang.“ (Prinz)UT-Kino, Ufa-Palast
M
Männerpension Deutschland 1995, R: Detlev Buck, D: Detlev Buck, Til Schweiger, Heike Makatsch
„Männerpension zeugt davon, daß Buck auch anders kann. Zwecks Resozialisierung wird eine Gruppe von Knackis der Obhut alleinstehender Frauen überlassen. Das ist der Auftakt zu gleich zwei leidenschaftlichen Liebesgeschichten - die eine knistert von Erotik, die andere ist mehr was fürs Herz.“ (tip) City, Muwi-Filmkunst (OL) und Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshsn.)
Mr. Hollands Opus USA 1995, R: Stephen Herek, D: Richard Dreyfuss, Glenne Headly
„Ein Komponist, der als Musiklehrer sein Dasein fristet, entpuppt sich als Wunderheiler in Sachen Musikalität. Mit pädagogischem Furor verwandelt er einen Haufen hoffnungslos unbegabter Schüler in ein glanzvolles Orchester. Fast zwei geschlagene Stunden lang schwelgt der Film in naiver Klangkörperfreude. Der Weg zur Perfektion ist allerdings dornig für die Ohren des Kinopublikums. Und beneidenswert scheint auf die Dauer allein Mr. Hollands Sohn: Der Junge ist taub geboren.“ (Der Spiegel) UFA-Stern
N
Niki de St. Phalle Deutschland 1994, R: Peter Schamoni, D: Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely
Die französisch-amerikanische Künstlerin Niki de Saint Phalle erzählt von ihrem Leben, ihrem Werk und der Zusammenarbeit mit ihrem 1991 verstorbenen Ehemann, dem Kinetikkünstler Jean Tinguely. Cinema und Casablanca (OL)
O
Out of the Present Deutschland 1995, R: Andrej Ujica
In diesem Dokumentarfilm erzählt der russische Filmemacher Andrej Ujica von der langen Reise des Kosmonauten Sergej Krikaljow, der über zehn Monate lang in der Raumstation „Mir“ lebte, während sich auf der Erde unter ihm die Sowjetunion auflöste. Es gibt viel schöne Bilder aus dem Weltall in diesem Film, Aufnahmen vom alltägliche Leben der Kosmonauten in der Schwerelosigkeit; Raketenstarts, Landungen, Aufnahmen vom Putschversuch im Jahre 1991 sowie Zitate aus "2001“ und „Solaris“. Mit einer gebührend spacigen Filmmusik und einigen wunderschönen, langen Aufnahmen von der ersten 35mm Filmkamera, die je ins Weltall mitgenommen wurde, könnte „Out of the Present“ zum Geheimtip unter Liebhabern von Science-Fiction-Filmen werden. (hip) Cinema
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Peanuts – die Bank zahlt alles Deutschland 1995, R: Carlo Rola, D: Heinz Schenk, Ulrich Mühe, Iris Berben, Rüdiger Vogler
„Der Vorspann bringt es auf den Punkt: „Ähnlichkeiten mit lebenden, flüchtigen oder einsitzenden Personen sind rein zufällig, aber unvermeidbar.“ Daß hinter der Figur des glücklosen Bauunternehmners Jochen Schuster der betrügerische Immobilienspekulant Jürgen Schneider steckt, wird nicht sofort klar. Und rein optisch ähnelt der vorzügliche und immer noch unterschätzte Ulrich Mühe eher dem Ex-Bayern-Coach Dettmar Cramer als jenem Schneider. Ohne sehr zu übertreiben: “Schtonk!“ hat in Carlo Rolas Satire einen würdigen Nachfolger gefunden. Denn zum Glück ist den Drehbuchautoren Peter Zingler und Eberhard Junkersdorf der gefährliche Balanceakt zwischen scharfem Witz und schenkelklopfender Plumpheit gelungen.“ (V. Bleek) Ufa-Stern
Der Postmann Italien 1994, R: Michael Radford, D: Massimo Troisi, Philippe Noiret
„Il Postino ist die Geschichte eines schüchternen Aushilfsbriefträgers auf einer kleinen süditalienischen Insel, der sich Anfang der fünfziger Jahre mit dem dort als Exilant lebenden chilenischen Dichter Pablo Neruda anfreundet und mit dessen Hilfe durch lyrische Werbung seine Traumfrau gewinnt. Dem Regisseur Michael Radford ist ein wunderbar altmodisches, feinfühliges Rührstück gelungen. Abschiedsgala eines großen Komödianten vor dem Widerschein des Todes: die Liebe, das ist mehr als die Liebe.“ (Der Spiegel) City
R
Richard III Großbritannien 1995, R: Richard Loncraine, D: Ian McKellen, Annette Benning, Robert Downey Jr.
„An die vier Stunden braucht ein halbwegs solider Theaterregisseur, um Aufstieg und Fall von Shakespeares fiesestem Finsterling auf der Bühne nachzuerzählen. Der Brite Richard Loncraine schafft es in seiner arg gerafften Kino-Verson in 104 Minuten. Er verlegt den Rosenkrieg in die dekadenten dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts: Schnieke Royals rauchen Kette, gönnen sich schon mal eine Ampulle Morphium und walzen zum sinnliche Sound der Big Band. Richard meuchelt als buckliger Beau von abgefeimter Eleganz. Nachdem er die störende Verwandtschaft aus dem Wege gemordet hat, mausert sich der clevere König in dieser bemerkenswert konsequenten Leinwandfassung zum Fascho-Diktator mit Standarten-Parade und Schwarzhemd-Bataillonen. Die Opposition bläst zum gerechten Kampf und der umzingelte Despot stöhnt in seinem heißgelaufenen Jeep glaubwürdig wie noch nie: Ein Pferd, ein Pferd. Ein Königreich für ein Pferd." (Der Spiegel) Gondel
Rumpelstilzchen Deutschland 1955, R: Herbert B. Fredersdorf, D: Werner Krüger, Wilhelm Grothe
„Das Grimmsche Märchen von der schönen Müllerstochter, die mit der Hilfe eines Kobolds die Hand des Königs gewinnt und diesem dafür ihr neugeborenes Kind verpfändet hat. Die relativ gut gelungene Verfilmung trifft die märchenhafte Stimmung, beweist Einfühlung in die kindliche Vorstellungswelt und kommt dem Unterhaltungsbedürfnis kleiner Zuschauer entgegen.“ (Lexikon des internationalen Films) Atlantis
S
Salvador Dali – Soft Self Portrait England 1971, R: Jean-Christophe Averty /Original mit Untertiteln
Eine einstündige surrealistische Filmreise durch das kreative Unterbewußtsein des weltberühmten Künstlers und „enfant terrible“ Dali sowie ein psychologische Studie, die von den künstlerischen und intellektuellen Manifestationen des „göttlichen Meisters“ beherrscht wird. Im Vorprogramm der Film „Ein andalusischer Hund“, den Dali zusammen mit Luis Bunuel inszenierte. Kino 46
Schnappt Shorty USA 1995, R: Barry Sonnenfeld, D: John Travolta, Gene Hackmann
„Der sarkastische Grundton des Schriftstellers geht leider in den meisten Filmen, die auf seinen Büchern basieren, verloren, aber Barry Sonnenfelds Film fängt seine souveräne Lakonie schön ein. Und weil „Schnappt Shorty“ auch von Hollywood erzählt, paßt hier auch ideal sein etwas hinterhältiger Spott, der dem Film seinen komischen Schwung gibt. Der Witz dabei ist, daß Chili ein eingefleischter Cineast ist und es liebt, von den smarten Gangsterfilmen zu erzählen, die ihm so gefallen. „Schnappt Shorty“ gehört mit auf seine Liste.“ (New York Times) Ufa-Palast
Sherlock Holmes und die sieben Zwerge Deutschland 1994, R: Günter Meyer, D: Alfred Müller, Ellen Schwiers
Selbst in harmlosen Kinderfilmen werden jetzt schon postmodern die Genres durcheinandergewürfelt. Woran sollen die Kinder denn noch glauben, wenn es jetzt schon so weit gekommen ist, das Hauptkommissar Hans Holms den Fall des entführten Schneewittchens und der gestohlenen letzten Seiten des Märchens aufklären soll? Demnächst gibt es dann „Rotkäppchen und Frankenstein“. (hip) Kino 46
Sinn und Sinnlichkeit England 1995, R: Ang Lee, D: Emma Thompson, Hugh Grant u.a.
Was der taiwanesische Regisseur Ang Lee aus dem britischen Klassiker von Jane Austen gemacht hat, ist bewunderswert. Statt aus der episch breiten Story um die Dashwood-Schwestern und ihrem Liebeswerben eine flache Ausstattungs-Orgie a la Merchant Ivory zu machen, hat Ang Lee so viel Laura Ashley-Atmosphäre wie nötig und so viel ironische Distanz wie möglich in seinen Film gesteckt. Wobei Emma Thompson als verstandesgeleitete Elinor um Hugh Grant (von Ang Lee am Herumkaspern wirksam gehindert) wirbt und ihre Schwester Marianne (Kate Winslet) sich Hals über Kopf in einen nicht ganz ehrenhaften Beau verliebt. (Mu) Europa, Casablanca (OL) und Apollo (WHV)
Stille Nacht Deutschland 1996, R: Dani Levy, D: Maria Schrader, Jürgen Vogel
Eine Dreiecksgeschichte mehr, aber eine, die es in sich hat. Ein Hotelzimmer in Paris, von wo aus Christian (Mark Schlichter) seine große Liebe Julia (Maria Schrader) via Telefon und Fax mit Liebes- und Haßbezeugungen traktiert, mit Drohungen und larmoyanten Lügengeschichten. Julia ist entschloßen, ihre Affäre mit Frank (Jürgen Vogel) zu beenden. Mit Wechselbad der Gefühle ist nur ansatzweise ausgedrückt, was der Schweizer Regisseur Dani Levi aus seinen Darstellern und seiner Story herausholt. Nachdem mittlerweile genügend neue deutsche Komödien zu Ruhm, Publikum und einem starken Verleih gekommen sind, wagt Levy sich ans Melodram. Kühle Atmosphäre und Persönlichkeitsstudien von analytischer Schärfe verbindet Levy mit großen Leidenschaften auf der nach oben offenen Emotions-Skala. Applaus für Levys konsequenten Stilwillen! (Mu) City
Strange Days USA 1995, R: Kathryn Bigelow, D: Ralph Fiennes, Angela Bassett
Am Silvesterabend des Jahres 1999 steht die amerikanische Gesellschaft auf der Kippe. In dieser Welt dealt der zynische Einzelgänger Lenny mit einer illegalen Technologie, die es den Benutzern möglich macht, sich direkt in die Gehirnströme von anderen Menschen einzuklinken. „Strange Days“ ist ein atemberaubender Action-Film, aber Regisseurin Kathryn Bigelow schmuggelt bei all den Stunts und special effects noch soviel subversive Gesellschaftskritik in ihren Film, daß man ihren Mut nur bewundern kann. (hip) Modernes
Sudden Death USA 1995, R: Peter Hyams, D: Jean-Claude Van Damme
„Sudden Death konfrontiert uns mit der ja beinahe alltäglichen Situation eines geplanten Terroranschlags auf ein Eisstadion, in dem zwei Eishockey-Teams um den Stanley-Cup spielen. Ohne den belgischen Sagenheld Van Damme als Feuerwehrmann und Inkognito-Torwart gäbe es bei dieser Party ausschließlich Verlierer.“ (TV-Spielfilm) UFA-Stern
T
Tim und Struppi im Sonnentempel Belgien/Frankreich 1972, R: Raymond Leblanc
Steven Spielberg hat ja schon vor Jahren versprochen, bald mal eine Spielfilmversion von einem Tim und Struppi-Comic zu machen. Aber solange wir noch auf Harrison Ford mit Tims toller Haartolle warten müßen, bleiben uns diese Zeichentrickfilme, die im Fernsehen alle Jahre im Morgenprogramm wiederholt werden. (hip) Gondel
Toy Story USA 1995, R: John Lasseter
Von der Machart her ist „Toy Story“ mit keinem anderen Disneyprodukt zu vergleichen, denn diese ist der erste vollständig im Computer animierte Spielfilm. Das Ergebnis ist verblüfffend, denn die Filmfiguren bewegen sich so natürlich, dreidimensional und differenziert, wie es im Trickfilm bisher unmöglich war. Das Spielzeug scheint wirklich auf der Leinwand lebendig zu werden. Die Abenteuer von Woody & Buzz sind zwar nicht ganz so originell und witzig wie die handgekneteten von „Wallace & Gromit“, aber dennoch ist „Toy Story“ schönstes Unterhaltungskino. Und das nicht nur für Kinder, sondern auch für alle Kindsköpfe, die sich noch gerne an ihr eigenes Lieblingsspielzeug erinnern. (hip) UFA-Palast, UT-Kinocenter
W
Wallace & Gromit /The Aardman-Collection I Großbritannien 1994, R: Nick Park / Originalfasung mit Untertiteln
Sieben Animationsfilme der Firma „Aardman Animations“, darunter zwei mit dem vom Trickfilmspezialisten Nick Park entwickelten Kinopaar Wallace & Gromit, das gute Chancen hat, als die gekneteten Erben von Laurel & Hardy in die Filmgeschichte einzugehen. Wallace ist ein typisch britischer Spießbürger im Stickpullover und vollgestopft mit abgedroschenen Redensarten.Gromit ist sein kluger und still leidender Hund, der Zeitung und das Handbuch für Hundeelekronik liest. (hip) Cinema – auch in der langen Filmnacht zusammen mit „Unter Schafen“
Wallace & Gromit – Unter Schafen Großbritannien 1995, R: Nick Park u.a. / der 2. Teil der Aardman Colection / Originalfassung mit Untertitel
„Mein schönstes Kinoabenteuer in dieser Woche war die halbe Stunde, in der ich Nick Parks neustes Knet-Epos „A Close Shave“ angesehen habe, ein neues Abenteuer von Wallace, dem Erfinder aus Lancashire und seinem immer mitleidenden Hund Gromit. Es gibt da eine fantastische Straßenjagd, bei der Gromits Beiwagen sich vom Motorrad von Wallace ablöst und in ein Kampfflugzeug verwandelt; ein boshaftes Lamm, daß wie der Pinguin in „The Wrong Trousers“ agiert und ein Puzzle, das in Gromits Zelle geliefert wird und, nachdem es zusammengesetzt wird, die Botschaft über die Flucht enthält. Als eine bemerkenswerte Mischung aus Kindlichem und Raffiniertem ist der Film in jeder Minute überraschend und originell.“ (Philip French, The Observer) Cinema, Casablanca, Atelier und Apollo (WHV)
When Night is Falling Kanada 1994, R: Patricia Rozema, D: Pascale Bussieres, Rachel Crawford
Warum sollen nicht auch die Lesben ihren eigenen, gnadenlos kitschigen Liebesfilm haben, in dem eine schöne Frau der anderen sehnsüchtig in die Augen blickt, das „Coming Out“ einer protestantischen Lehrerin in den schönsten Bonbonfarben gefeiert wird, und ihre wild romantische Freundin ständig bei exotisch-grazilen Performances gezeigt wird? Wer allerdings hofft, daß die Regisseurin von „I've Heard the Mermaids singing“ hier auch etwas von dessen Leichtigkeit, Witz und Poesie entwickelte, wird schwer enttäuscht sein. (hip) Gondel
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