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Krieg der Dickköpfe um Mitsprache

■ Wahl des Uni-Vize-Präsidenten: Studierende durchbrechen Abstimmungsroutine Von P. Faller

An der Uni rumort's – ein bißchen: Die niederen Chargen proben den Aufstand. Und die professoralen „Despoten“ sprechen von Intrigen und fühlen sich von den Mitbestimmungs-Zwergen völlig zu Unrecht vors Schienbein getreten. Zum ersten Mal nämlich haben die VertreterInnen der Studierenden, des Mittelbaus sowie des Technischen und Verwaltungspersonals (TVP) den ProfessorInnen ihre Gefolgschaft aufgekündigt: Sie wählten keinen ihrer KandidatInnen als Vize-Präsidenten oder -präsidentin.

Durften sich die vermeintlich fortschrittlichen BewerberInnen der „Reformgruppe Hamburger HochschullehrerInnen“ (RHH) bisher der Treue dieser Minderheitengruppen in den Hochschulgremien sicher sein, kam diesmal alles anders: Der Erziehungswissenschafts-Prof Wilfried Hartmann fiel durch. Am 17. April heißt es nun Vize-PräsidentInnen-Wahl, die Zweite. KandidatInnen sind wie beim ersten Mal Ursula Platzer (Zahnmedizin) von den „Unabhängigen Hochschullehrern“ (UHU) und Wilfried Hartmann (RHH).

„Was nützen uns Versprechen von toller linker Hochschulpolitik, wenn die Reform-Profs die Konservativen in der Realität zum Teil rechts überholen“, empört sich Matthias Kolbeck, studentischer Vertreter im Konzil, dem Hochschulparlament. Seiner Meinung nach haben sich die RHH-ProfessorInnen von ihren Ansprüchen nach Gleichberechtigung für alle Status-Gruppen weit entfernt. Weil sie die studentischen Reformvorschläge ignorierten, sollten sie einen Denkzettel erhalten.

Denn mit der Einführung des Globalhaushalts, der die Hochschulen autorisiert, ihre Finanzen selbst zu verwalten, erhofften sich die Nicht-Profs und vor allem die StudentInnen mehr Mitbestimmung. Nach der Parole „mehr Demokratie durch Viertelparität“ wollten sie in den Haushaltsausschüssen mehr Einfluß gewinnen.

Den ProfessorInnen paßte das gar nicht. Sie sahen ihre Autorität schwinden. Weil sie in den Entscheidungsgremien ohnehin per Gesetz die Mehrheit haben, schmetterten sie diesen Vorschlag ab – auch die RHH. Völlig zu Unrecht fühlen sich diese aber in die konservative Ecke gedrängt. „Das steht doch im Hochschulgesetz, daß in den Entscheidungsgremien die Professoren die Mehrheit haben müssen“, rechtfertigte RHH-Vorstandsmitglied Ulrich Magnus die Festschreibung der ungleichen Verhältnisse in den Ausschüssen. Wenig Verständnis zeigte der Professor im reformerischen Jura II-Fachbereich für die Haltung der Studierenden. Daß es den ProfessorInnen nicht darum gehe, immer ihren „Dickkopf“ durchsetzen zu wollen, zeige doch schon die Stellungnahme zum geplanten neuen Hochschulgesetz (HSG). Dort rät die Uni der Wissenschaftsbehörde zum Änderungsvorschlag: Die Gremien, die Ausschüsse einsetzen, sollen auch über die Parität entscheiden können.

Doch auch bei diesen Beratungen zum neuen HSG kam es zu Unstimmigkeiten. Die RHH wollten verhindern, daß Ideen von mehr Gleichberechtigung der Status-Gruppen, die sich nicht direkt auf den Senatsentwurf bezogen, mit in die Stellungnahme aufgenommen werden, die die Wissenschaftsbehörde von den Hochschulen verlangte. Ihre Begründung: Diese seien noch nicht ausreichend beraten, so Magnus. „Kein Wunder“, meint Matthias Kolbeck, weil man statt über Inhalte zum wiederholten Male stundenlang über Verfahrensweisen debattiert habe. Schließlich habe Uni-Präsident Jürgen Lüthje einen Kompromiß-Vorschlag gefunden: An die Behörde wurde die Stellungnahme zum Entwurf und die Ideensammlung mit einem deutlichen Hinweis geschickt, daß die Beratungen darüber noch nicht abgeschlossen seien.

Auf Hochtouren wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt. Im zweiten Anlauf soll die Wahl klappen. Professor Ulrich Magnus sieht bereits eine Entkrampfung der Konfrontation. Was der Studierenden-Vertreter Matthias Kolbeck so kommentiert: „Es muß erst etwas passieren, was ihnen peinlich ist, bevor man mit uns redet.“

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