Das Portrait: Firma boomt
■ Uta Pippig
Ein Star in den USA: Marathonläuferin Uta Pippig (30) Foto: Petra Haimhausen
Natürlich ist es mal wieder übertrieben, zu sagen, Uta Pippig wäre hierzulande keine große Nummer, in den USA dagegen ein Star von gigantischem Ausmaß. Wahr ist aber, daß sie wie Stefanie Graf in Dave Lettermans „Late Night“ geladen ward, jene „Talk“-Show, die nicht mehr und nicht weniger ist, als der Gradmesser für eine Existenz im soziokulturellen Bewußtsein der USA. Im Gegensatz zur Tennisspielerin hatte Pippig einen Auftritt, an den man sich erinnert: Dauerlächelnd und kußhändchenwerfend modellierte die Ostberlinerin ihren öffentlichen Entwurf.
Man darf annehmen: Wenn Pippig heute in Boston zum dritten Mal den wichtigsten Marathon der Welt gewinnt, wird ihr Wiedererkennungwert kaum mehr in Frage gestellt werden. Diesem Ziel gilt alles Streben von Athletin sowie Trainer und Lebenspartner Dieter Hogen (43). Nach den politischen Veränderungen („Wende“) gehörte das Duo zu den nicht sehr vielen, die ihre Geschäfte selbst in die Hand nahmen – und für die alles besser wurde. Um es kurz zu machen: Pippig/Hogen sind eine Lauffirma, die so professionell in den Körper der Läuferin investiert wie sonst hierzulande nur die Firma Baumann/Baumann.
Weil Langstreckenläuferinnenblut Höhenluft braucht, schuf man bereits vor vier Jahren eine optimale geschäftliche Infrastruktur – und kaufte ein Haus in Boulder, Colorado. 300 Kilometer legt die Läuferin dort in der Woche zurück, absolviert vier Einheiten am Tag, beschäftigt einen eigenen Physiotherapeuten. Alles, um zweimal im Jahr einen Marathon laufen zu können.
Es ist übrigens nicht so, daß Uta Pippig dauerlächelt, um ein Image zu pflegen. Sie lächelt, weil ihr danach ist. Und weil sie ihren Job so gut wie möglich zu machen pflegt. Deshalb wird sie dieses Jahr wohl auch nicht wie sonst in Berlin laufen können: Dort gewann sie dreimal und bezahlt man sie großzügig dafür, daß sie das Ereignis mehr oder weniger allein ist und der Öffentlichkeit verkauft. Aber Olympia in Atlanta ist ein Schaufenster von ungleich größeren Dimensionen. Da wird die ganze Welt Pippig lächeln sehen dürfen.
Das Sportartikelunternehmen Nike zahlt ihr eine halbe Million Dollar pro Jahr. Es lohnt sich: Kein Zweifel, daß Uta Pippig heute abend nach siegreichem Überlaufen der Ziellinie als erstes ihr Nike- Hemd überziehen wird. Dann wird sie lächeln. Vielleicht kommt es auch umgekehrt. Peter Unfried
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