: Libanon: Verhandeln will Israel noch nicht
■ Frankreich geht auf Nahost-Mission. Libanon ruft UNO-Sicherheitsrat an
Jerusalem (AFP/taz) – Nach tagelangen massiven Luftangriffen Israels auf Ziele in Südlibanon sind gestern die ersten diplomatischen Schritte zur Beilegung des Konflikts unternommen worden. Frankreichs Außenminister Hervé de Charette startete eine dreitägige Nahost-Mission, bei der er zunächst mit Israels Regierungschef Schimon Peres zusammentreffen wollte. In New York sollte am Abend der UNO-Sicherheitsrat beraten. Ein Ende der Kämpfe zeichnete sich jedoch nicht ab. Israelische Kampfflugzeuge bombardierten nach libanesischen Angaben erstmals direkt die Hafenstadt Tyrus. Die pro-iranische Schiitenmiliz Hisbollah feuerte nach eigenen Angaben zehn Salven von Katjuscha-Raketen auf Nordisrael ab. „Es ist zu früh, um (...) Verhandlungen aufzunehmen“, sagte Peres. Israel werde sich nicht auf eine Kompromißlösung einlassen. Libanons Regierungschef Rafik Hariri beschuldigte Peres, den Friedensprozeß zu verleugnen. De Charette wollte gestern mit Peres und Außenminister Ehud Barak verhandeln. Für heute sind Gespräche in Syrien geplant, danach Verhandlungen mit der Führung in Libanon. Im Sicherheitsrat verlangt Libanon die Verurteilung der israelischen Angriffe sowie die Umsetzung der UN-Resolution 425, die den Rückzug Israels aus der besetzten „Sicherheitszone“ im Südlibanon fordert. Nach Angaben von Diplomaten nutze die US-Regierung ihren Einfluß, um eine Debatte im Sicherheitsrat hinauszuzögern.
Vier Raketen der israelischen Luftwaffe schlugen nach Angaben der libanesischen Polizei in Tyrus ein, ohne daß jemand verletzt wurde. Bei Angriffen auf die Umgebung der Stadt Nabatija sollen mindestens 300 Geschosse in Wohnvierteln eingeschlagen sein, darunter in einem Krankenhaus. Die israelische Armee richtete erneut Ultimaten an die Zivilbevölkerung, ihre Dörfer zu verlassen. Nach offiziellen Angaben waren in den betroffenen Gebieten rund 250.000 Menschen auf der Flucht. Geschwader der israelischen Luftwaffe überflogen auch wieder Beirut, seine Vororte sowie zahlreiche Dörfer in Südlibanon. Dabei gerieten sie unter Beschuß der syrischen und libanesischen Luftabwehr.
Die israelischen Angriffe richten sich gegen mutmaßliche Stellungen der Hisbollahmiliz, die ihre Raketenangriffe auf Nordisrael fortsetzte. Nach Zeugenangaben wurde jedoch niemand verletzt. Die israelische Militärzensur verhinderte genaue Informationen über die Folgen der Angriffe. Nach Angaben der israelischen Armee wurden allein am Sonntag 242 Luftangriffe geflogen. Israel hatte am Donnerstag seine größte Offensive seit 1993 gestartet. Bislang wurden 30 Menschen getötet und rund 130 verletzt.
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