: Fensterln beim Film
■ Wie entsteht ein Low-Budget-Detektivfilm? Eine Reportage zum Werden von „Die Spur“
Was bedarf es, um einen Low-Budget-Film zu verwirklichen? Klar, Enthusiasmus, Organisationstalent, Schichtarbeit und nicht zu vergessen: die vielen guten Freunde, ohne die nichts läuft. Wenn kein Autoverleiher sponsern will, müssen eben die Vehikel von Bekannten herhalten und das Catering – ein immenser Kostenfaktor, aber für die Laune während des Drehs von größter Bedeutung – erledigt ein Grüppchen als eine Art Kochperformance.
Bei den Dreharbeiten zu dem Film Die Spur verschmelzen Freundeskreis und Filmcrew, und die ist inzwischen auf über 40 angewachsen. Und der Beitrag der Beteiligten reicht über das Einbringen von Zeit und Sachleistungen noch hinaus, denn das einzige Kapital für Die Spur sind 100.000 Mark vom Kuratorium Junger Deutscher Film. Das langt natürlich hinten und vorne nicht und so sind fast alle Schauspieler durch eine Rücktrittserklärung über Zweidrittel ihrer Gagen finanziell an der Produktion beteiligt. Erst wenn der Film einen Verleih findet und der NDR ihn, wie es angedacht ist, tatsächlich kauft und sendet, kann dieses Geld ausgezahlt werden.
An der Recherche und dem Drehbuch zu Die Spur hat Regisseur Peter Ott über zwei Jahre gearbeitet, und nun wurde das ganze innerhalb von 30 Tagen abgedreht. Verwirklicht wird das Projekt durch intensive Zusammenarbeit innerhalb des Abbildungszentrums, einer Projekthilfe, die vor zwei Jahren von sechs Studenten der HfbK gegründet wurde. Nach vielen Kurzfilmen ist Die Spur das erste Großprojekt der Gruppe.
Und dafür klappte es bisher zur Verwunderung aller fast reibungslos. Recht überrascht von der Professionalität und dem Idealismus zeigt sich auch einer der „Profis“ im Team, Frank Apitz. „Es ist ja erstmal ein Wagnis, sich auf so eine Produktion einzulassen. Ausschlaggebend waren für mich letzt-endlich die Story und die ungewöhnliche Idee der filmischen Umsetzung“, sagt der routinierte Fernsehschauspieler.
Bei Die Spur handelt es sich um einen experimentellen Spielfilm. Ein Detektiv gerät in ein übelverstricktes Komplott. Die Fänge des organisierten Verbrechens reichen immer weiter in seine Ermittlungen hinein. Ein einst für die Nazis tätiger Wirtschaftsstratege ist inzwischen auf einem wichtigen Posten in einer für eine Entwicklungshilfe zuständigen Bank. Die Geschäfte scheinen nicht ganz sauber, es geht um Drogen und Geldwäscherei. Ein Agent der amerikanischen Drogenpolizei taucht auf und spielt ein Doppel, in dem auch die Drogenmafia mitmischt. Die Schlinge um den Hals des Detektivs wird immer enger. Um den Faden nicht zu verlieren und auch um sein Beweismaterial zu ordnen und sichern, bedient sich der Detektiv seiner Handycam. Dieser Kamera vertraut er seine Informationen an.
Ziel von Regisseur Ott war es, Denkvorgänge und das Verwischen der Grenzen von Realität und Wahrnehmung sowohl in der Story darzustellen als auch in adäquaten filmischen Mitteln aufzuzeigen. Dies geschieht in „Fensterform“, wo zum Beispiel das Handycam-Tagebuch eingeblendet wird. Daß irgendjemand den Überblick verlieren könnte, befürchtet Peter Ott nicht: „Schließlich schaut heute niemand mehr nur noch einen Film im TV. Zapping vergrößert die Aufnahmefähigkeit.“
Diese Darstellungstechnik verlangt wesentlich mehr Ausgangsmaterial – zum Teil sind vier Filme gleichzeitig zu sehen –, so daß für diesen auf 100 Minuten angelegten Film 230 Minuten Aufzeichnungen zusammengeschnitten werden müssen. Ende des Jahres soll der aufwendige Schnitt abgeschlossen sein und dann heißt es, einen Verleih zu finden.
Marcus Peter
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