: ILA 96: Schwarzes Loch am Berliner Himmel
■ Die weltweit drittgrößte Flugzeugmesse ist teuer, bringt aber wenig ein
Die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) sei gut für Berlin und Brandenburg – darüber besteht Einigkeit zwischen den Regierungen beider Länder. Die positive Einschätzung zu begründen fällt ihnen allerdings schwer. „Der direkte Nachweis ist schwierig“, räumt Patricia Schuster, Sprecherin des brandenburgischen Wirtschaftsministers ein. Wieviel Geld die Flugmesse nach Berlin bringt, weiß man nicht. Daß Firmen sich durch die Show zu Investitionen in der Region verleiten lassen, gilt als ziemlich ausgeschlossen. Fakt ist dagegen: Brandenburg sponsert die Ausstellung mit 9,5 Millionen Mark, und der Berliner Senat gibt noch eine Million dazu.
Der Bundesverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) und die Messe Berlin als Veranstalter freilich sehen die ILA im Aufwind. Mehr als 500 Aussteller aus 24 Ländern erwarten sie dieses Jahr auf dem südlichen Teil des Flughafens Schönefeld. Die ILA hat sich damit international auf den dritten Platz der Luftfahrtmessen vorgearbeitet. Größer sind nur die Luftshows von Le Bourgets bei Paris (1.500 Aussteller) und Singapur (900). Die Messe von Farnborough in Großbritannien liegt mit der ILA gleichauf.
Den Aufwärtstrend der Airshow bei Berlin führt Michael Hauger, Sprecher des BDLI, nicht zuletzt auf die Beteiligung der Daimler-Benz-Tochter Dasa als wichtigstem deutschem Luftfahrtkonzern zurück. 1994 hatte die Dasa wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht an der ILA teilgenommen – die Zahl der Aussteller sank auf 422. Komme aber die Dasa, so sähen sich auch große Unternehmen aus anderen Staaten genötigt, in Berlin präsent zu sein, meint BDLI-Sprecher Hauger.
Berlin und Brandenburg investieren in die Luftfahrtmesse, die nach 1992 und 1994 zum dritten Mal in Schönefeld stattfindet, weil sie sich positive Wirkungen für die Wirtschaft in der Region erhoffen. Immerhin sei die ILA neben den Leipziger Messen die einzige High-Tech-Veranstaltung der neuen Länder, heißt es im Potsdamer Wirtschaftsministerium. Man bietet potentiellen Investoren ein Programm von rund 50 Kongressen, Seminaren und Diskussionsveranstaltungen, bei denen auswärtige und einheimische Politiker und Firmenchefs Kontakte knüpfen sollen. Besondere Hoffnungen setzen die Regierungen in die fünfte Investorenkonferenz des Landes Brandenburg mit rund 200 TeilnehmerInnen, die sich dieses Jahr mit dem Thema „Zukunftsorientierte Verkehrstechnik“ beschäftigen.
Was bei diesen Veranstaltungen in der Vergangenheit herausgekommen ist, weiß allerdings niemand so genau. Auch der diesjährige Erfolg, ausgedrückt in konkreten Aufträgen, die bei der ILA unter Dach und Fach gebracht würden, oder Investitionsentscheidungen von Unternehmen für die Region Berlin-Brandenburg, dürfte gegen Null tendieren. Sowieso existieren im Umkreis Berlins mit BMW-Rolls-Royce, MTU und dem Flugzeugbauer Stemme nur drei Luftfahrtunternehmen – und deren Ansiedlung hatte mit der ILA nichts zu tun. Die teure Ausstellung dient so vornehmlich dem Zweck, auswärtigen Gästen eine wirtschaftsfreundliche Atmosphäre zu demonstrieren.
Für die beteiligten Unternehmen, die Bundeswehr und die Militärflieger anderer Staaten spielt die ILA trotzdem eine wichtige Rolle. „Die Luft- und Raumfahrtindustrie hängt von den politischen Rahmenbedingungen ab“, weiß BDLI-Sprecher Michael Hauger. Damit meint er: Die positive Einstellung der Bevölkerung zur Fliegerei liefert eine erfreuliche Unterstützung für Subventionen der Bundesregierung, durch die Milliardenbeträge in den Bau des Verkehrsflugzeuges Airbus und der Kriegsjets aus dem Hause Dasa fließen.
Die 140.000 MessebesucherInnen sind damit BotschafterInnen für die „Faszination des Fliegens“, wie es im ILA-Katalog heißt – ein Werbeeffekt, den sich die Industrie gerne ein paar Millionen kosten läßt. Hannes Koch
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