: Unmut über neue Bäderpreise
■ Am Tag nach der Preiserhöhung war das Personal an den Freibadkassen nur schlecht informiert. 23 Hallenbäder bleiben im Sommer für zehn Wochen geschlossen
„Die beschließen nur noch Scheiße“, sagte eine junge Frau aufgebracht, als sie am Kreuzberger Prinzenbad die neuen Eintrittspreise sieht. 160 Mark kostet seit heute die Saisonkarte, die Einzelkarte statt bisher 3 Mark ganze 5 Mark. Am Montag abend hatte der Aufsichtsrat der Berliner Bäder- Betriebe (BBB) die drastische Preiserhöhung beschlossen, schon am nächsten Morgen waren die neuen Preise angeschlagen. Das Personal an der Kasse war allerdings nur lückenhaft informiert.
Zwar wußte die Kassiererin, daß die Familienkarte für 100 Mark abgeschafft ist. Daß aber die neue Kindersaisonkarte für 40 Mark auch für alle weiteren Geschwister gilt, war ihr unbekannt. Der Kinderrabatt gilt jedoch nur, wenn ein Elternteil eine Saisonkarte für 160 Mark kauft.
Als „extrem“ und „sehr ärgerlich“, bezeichnete ein 36jähriger Kreuzberger die Preiserhöhung. „Aber ich kann nichts dagegen machen“, sagte er und kaufte sich eine Saisonkarte. Ein Rentnerehepaar dagegen war noch unentschlossen. Denn neben dem Ferienpaß und der Familienkarte wurde auch die Seniorenkarte abgeschafft. Nur wer weniger als 1.300 Mark Rente bezieht, gilt als Härtefall und hat Anspruch auf eine ermäßigte Saisonkarte. Doch auch davon wußte die Kassiererin nichts. „Wir werden wohl jetzt öfter an die Seen schwimmen fahren“, sagte die Rentnerin. Sie fände es gut, wenn die Saisonkarte der Freibäder auch für die Hallenbäder gelten würde.
Die Saisonkarte für 160 Mark rentiert sich nur für Vielschwimmer, die mindestens 32mal baden gehen. In Ostberlin kostet die Saisonkarte 140 Mark, die Einzelkarte 4 Mark. Die ermäßigte Saisonkarte kostet im Westteil der Stadt 80 Mark, im Ostteil 70 Mark.
Die BBB-Aufsichtsratsvorsitzende, Sportsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) erklärte, daß die Berliner Preise bislang unter dem Niveau Westdeutschlands gelegen hätten. So koste in Hamburg eine Einzelkarte 5,50 Mark, in Düsseldorf, Frankfurt/Main und München ebenfalls 5 Mark. Auch in den neuen Ländern kosteten Einzelkarten zwischen 3,50 und 5 Mark.
„Die Bäder-Betriebe wirtschaften in den Ruin“, erklärte der sportpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Dietmar Volk. „Anstatt neue Badegäste zu gewinnen, werden die alten verscheucht.“ Weitere Einsparungen wollen die Bäder-Betriebe durch eine verlängerte Sommerschließung der Hallenbäder erzielen. Vom 1. Juni bis 15. August bleiben 23 der 38 Hallenbäder zu. Das Vereins- und Schulschwimmen kann in einigen Bädern auch in der Sommerpause stattfinden, wenn eigenes Aufsichtspersonal gestellt wird. Dorothee Winden
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