■ Es gab nur gute Nachrichten über „AG-Weser“: Propagandamaschine
Klappern gehört zum Handwerk. Aber wie das Bremer Wirtschaftsressort nun schon seit über 10 Jahren Jubelmeldung an Jubelmeldung über das AG-Weser-Gelände nach dem Ende der Werft verbreitet, das ist unverfroren – und macht auch die übrige „Informationspolitik“ dieses Bremer Senatsressorts unglaubwürdig.
„Zentrale Umschlags- und Montagestätte für den Großanlagenbau“ war das Etikett, unter dem die Millionen nur so flossen. Für mehr als 30 Millionen wird demnächst alles abgerissen, was in den letzten 10 Jahren gefördert und hochgelobt wurde, für 28 Millionen zahlt Bremen Schulden, die der alte Investor Grunau gemacht hat.
Und nun geht es, ohne Luft zu holen, zum Space-Park – ein Anlaß für einen kleinen Rückblick? „Die Wirtschaftsfördergesellschaft möchte einen großen Coup landen, der nicht nur zusätzliche Arbeitsplätze schafft, sondern auch das Image Bremens als Industriestandort aufpoliert.“ So berichtete der Weser-Kurier, brav, 1987. Eine der vielen Bauklötze aus der Abteilung Größenwahn, ohne den es nicht zu gehen scheint in der Bremer Wirtschaftsförderung. Ein „Modell für Krisenregionen“ versprach die Frau des damaligen Finanzsenators Grobecker im 'Stern' und lobte den „ideenreichen Unternehmer“ Grunau. „Bremen strahlt, Europa zahlt“, dann „Bremer Umschlagplatz europaweit spitze“ titelte der Weser-Kurier 1990, als die Kranbahn des Großlasten-Bockkrans bis ins Wasser verlängert wurde. 4,5 Millionen öffentliche Gelder kostete der Spaß, der Kran hat wirtschaftlich nie funktioniert. 1994 kaufte Bremen für 600.000 Mark die Hälfte des wertlosens Bockkrans, die Grunau gehörte, demnächst wird der Koloß für 1,2 Millionen abgerissen.
Schon seit 1991 zahlte Grunau seine Pacht nicht mehr, das Wirtschaftsressort kündigte nicht, sondern verhandelte hinter den Kulissen über eine Ablöse – Grunau forderte 30 Millionen. Das war die Größenordnung, in der er Schulden gemacht hatte. Bremen zahlte ihm schließlich 1 Million auf die Hand, damit er ging, und übernahm die Schulden. Demnächst werden 28 Millionen aus Geldern des Bremer Zukunfts-Programms ISP dafür verwendet.
Schon 1991 hatte die taz in einer Serie den „Schwindel“ und die „Zweite Pleite auf der AG Weser“ veröffentlicht. Daraufhin versicherte Wirtschaftsstaatsrat Haller der taz, daß „aus meiner Sicht die Verdienste der Firma Grunau um die Wiederbelebung des AG-Weser-Geländes gar nicht bestritten werden können“, und: „Unregelmäßigkeiten sind dabei nach unserer Auffassung nicht aufgetreten“.
Vergangene Woche kam die Quittung: 35 Millionen Abrißkosten, 28 Millionen Altschulden. Anlaß für einen kritischen Rückblick? Keinesfalls. Was falsch gemacht? Keine Idee davon, stattdessen:
Space-Park – die neue große Idee
Ein Bösewicht, wer die Wirtschaftsförderung schlechtredet! Privat soll der Space-Park finanziert werden. Wie Grunaus „Großanlagenbau“? 1994 stand in einem 200.000 Mark teuren Gutachten, daß „die Entscheidung zur Ansiedlung eines Space-Park in Bremen vorrangig davon abhängt, ob die Raumfahrtbranche hierfür Investoren findet“ und daß diese „ Investoren das Projekt vorantreiben“.
April 1995. Genau vor einem Jahr beschlossen Bremens Wirtschaftsförderer: „Diese Projektgesellschaft (Space-Park) soll von drei Gesellschaftern gegründet werden, der Daimler Benz Aero-space, der Fa. Köllmann und der Stadt Bremen...“ Die Dasa also an erster Stelle. „Die Projektgesellschaft wird sofort mit der Akquisition der weiteren (sieben) Gesellschafter beginnen, wobei bis zum Jahresende 1995 der Gesellschafterkreis für die endgültige Betriebsgesellschaft bzw. Besitz- und Betriebsgesellschaft gesichert sein soll.“ Man stehe unter „extremem Zeitdruck“.
Mai 1996. Es ist klar: Die Dasa wird nicht Gesellschafterin. Andere vorzeigbare Gesellschafter wurden bisher nicht gefunden, deswegen nun die Idee einer „Fondsgesellschaft“, die über „hohe Abschreibungen/Verlustzuweisungen“ funktioniert. Grundstückskosten sind aber nicht von der Steuer abzusetzen. So geht das 24 Hektar große Gewerbegebiet für 1 Mark an die Projektgesellschaft – ohne Rückkaufrecht , falls der Space-Park doch nicht gebaut wird.
„Der Startschluß für die Erschließung (des AG-Weser-Geländes) ist heute gefallen“, freut sich Wirtschaftssenator Perschau. Ist das nicht schön? Und wer da nicht mitjubelt, fällt in Ungnade bei seinem Herrn (Haller). Klaus Wolschner
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