■ Die Ausnahme: Recht auf Tariflohn
Statt 1.884 Mark stehen einem portugiesischen Bauarbeiter 9.215 Mark für sechs Wochen Schufterei in Deutschland zu. Das entschied das Arbeitsgericht Wesel (Nordrhein- Westfalen) aufgrund der Klage eines Portugiesen gegen seinen deutschen Arbeitgeber. Das Urteil wurde mit einem Kommentar des Bremer Rechtsprofessors Wolfgang Däubler unlängst in der gewerkschaftsnahen Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb veröffentlicht.
Der Fall: Ein deutscher Unternehmer hatte zum Schein eine Filiale in Portugal eröffnet und dort einen Vertrag mit einem portugiesischen Arbeiter geschlossen. Die Arbeitsrichter entschieden, daß nicht das portugiesische Tarifrecht zum Zuge kommen mußte, sondern das deutsche. Schließlich sei der Arbeiter ausschließlich auf Baustellen in Deutschland beschäftigt worden. Der Arbeitseinsatz sei von der deutschen Firma, nicht von ihrer ausländischen Filiale gesteuert worden. Ein Lohn, der über die Hälfte unter dem hiesigen Tarif läge, sei nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch im übrigen „sittenwidrig“ und damit nichtig, entschied das Gericht.
„Die Entscheidung ist ein wichtiges Beispiel dafür, daß Lohndumping schon nach geltendem Recht mit juristischen Mitteln bekämpft werden kann“, kommentiert der Jurist Wolfgang Däubler. Nur selten jedoch finden sich unter den ausländischen Billigarbeitern Kläger, die ihre Rechte vor Gericht auch durchzusetzen versuchen. Hannes Koch
Arbeitsgericht Wesel, Urteil vom 3. 5. 1995, Az.: 3 Ca 3619/4
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