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Weinen um Rußland

■ Wechselvoller Liederabend von Dmitri Hvorostovsky in der Hamburg Oper

Einen kleinen Einblick in die traurige russische Seele gewährte Dmitri Hvorostovsky am vergangenen Samstag abend seinen Zuhörern in der Oper. Es hätte ein Abend der leisen, verhaltenen Stimmungen werden können, aber gerade die Feinheiten ließ der junge Sänger ein bißchen vermissen. Tschaikovskys subtile Gefühlsbeschreibungen eröffneten den Abend, und obwohl Hvorostovsky diese Lieder einfühlsam interpretiert, fehlt seiner eindrucksvoll-schönen Stimme doch der letzte technische Feinschliff, um vollständig zu überzeugen. In den starken dramatischen Momenten der Verzweiflung allerdings, da reißt der Gesang den Hörer fast vom Sitz. Mutig stürzt sich der Bariton in die klagende Hoffnungslosigkeit und erzielt damit den größten Effekt.

Mahlers Lieder eines fahrenden Gesellen, die Elegie durch Dramatik ersetzen, kommen Hvorostovsky eher entgegen, der das innere Feuer der Musik beeindruckend umsetzte. Die schlank geführte Stimme erreichte hier eine große Ausdrucksdichte, besonders bei dem Lied „Ich hab' ein glühend Messer“. Nach diesem Höhepunkt gelang auch das leisere „Die zwei blauen Augen von meinem Schatz“. Die einfühlsame Interpretation wurde von der brillanten Stimmhöhe gekrönt, und das Publikum verharrte beinahe atemlos angesichts einer so überwältigenden Darbietung.

Der zweite Teil des Abends war desto problematischer, hat es sich der Star doch zum Ziel gesetzt, den Komponisten Georgii Swiridow hierzulande bekannt zu machen. Dessen musikalischer Einfallsreichtum ist aber stark begrenzt; seine Lieder sind nur mäßig spannend und erinnern streckenweise an schlechte Filmmusik. Sein Liederzyklus Petersburg ist eine Art pathetisches Klagelied über die Heimat, aber leider verwechselt der Komponist Dramatik mit Lautstärke und provoziert nichts als Ratlosigkeit.

Am Ende gab es großen Jubel – trotzdem.

Christian Carsten

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