■ Standbild: Hooligans unter sich
„Focus TV“, Pro 7; „auslandsjournal“, ZDF: beide Montag, 21 Uhr
Fußball-Hooligans prahlen gern, und je ernster man sie nimmt, desto mehr fabulieren sie. Kein Wunder, daß die Fußball-Hooligans und die Hooligans des Journalismus, die Boulevardreporter, gute Freunde sind. Und gerade jetzt, vor der EM, werden die Frontkämpfer von ihren Medienkollegen enthusiastisch angefeuert.
Die Typen, die „Focus- TV“ für eine Reportage und ein Studiointerview aufgegabelt hatte, waren indes nur zweitklassige Karikaturen. Aber „Focus-TV“ ist ja auch kein erstklassiges Boulevardmagazin, es hat eher den Charme eines offenen Kanals. Irgendeinen, der überzeugend „Haß! Haß! Haß!“ grunzen kann, darf man als Zuschauer wohl doch erwarten; mit dem einen Gesprächspartner aus Manchester, der das versuchte, mußte man schon Mitleid haben. Zitieren läßt sich aus den kabarettreifen Interviews nichts, ohne daß die Hooligans auf beiden Seiten davon profitieren würden.
Geradezu wohltuend war im Vergleich dazu der Beitrag im „auslandsjournal“. Gewiß, die Reportage, die sich vorrangig mit einer bei Scotland Yard stationierten Hooligan-SoKo beschäftigte, enthielt kaum Neues: Ein Londoner sagt, „ein paar Idioten“ gebe es immer; der Hooligan-Experte sagt, man werde entschlossen durchgreifen, und der Mann vom „auslandsjournal“ sagt, das Stadion sei während der EM „nicht der unsicherste Ort“. Die Stärke des Beitrags aber war seine Unaufgeregtheit, sogar ein bißchen Medienkritik schimmerte durch. Was eine SoKo allerdings tun kann, wenn, wie bei der WM 1990 in Italien, Journalisten die Hooligan-Randale inszenieren – das ließ der Bericht offen. René Martens
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