: „Wenn sich das nicht trägt, muß Schluß sein“
■ Ariane 5 ist überflüssig, meint Raumfahrtexperte Weyer von der Universität Dortmund
taz: Nur mit der Ariane 5 sei der Marktanteil der europäischen Raumfahrt – 60 Prozent bei Satellitenstarts – zu halten, sagt die Betreibergesellschaft Arianespace.
Johannes Weyer: Das Argument trifft nicht. Wenn man mithalten will, braucht man leistungsfähige, zuverlässige und preiswerte Raketen. Am besten verläßt man sich auf vorhandene Systeme wie die Ariane 4 und verbessert diese. Chinesische Raketen fliegen deshalb so günstig, weil ihre Technik aus den fünfziger Jahren stammt und nur weiterentwickelt wurde.
Afrika etwa hat einen enormen Nachholbedarf in der Telekommunikation. Die dafür notwendigen leistungsstarken Satelliten sollen mit der Ariane 5 in die Umlaufbahn geschossen werden...
Die Satelliten werden eher leichter. Kommunikationssysteme haben heute ein Gewicht von ein bis zwei Tonnen. Diese lassen sich mit den vorhandenen Raketen, auch mit der Ariane 4, transportieren. Dafür braucht man die Ariane 5 nicht. Hingegen benötigen die militärische Aufklärung und die bemannte Raumfahrt sehr wohl ein starkes Trägersystem. Dafür war die Ariane 5 ja auch geplant.
Inzwischen hat man den bemannten Raumgleiter Hermes ad acta gelegt. Ist damit nicht auch das Trägersystem überflüssig?
Das Programm wurde trotzdem fortgeführt. Deutschland übernahm die Führung beim Raumlabor Columbus, Frankreich bei der Ariane 5. Deshalb hat man heute eine Rakete ohne sinnvolle Anwendungsfelder, für die man Aufträge erst suchen muß. Das funktioniert mehr schlecht als recht, weil die Rakete einfach zu teuer ist.
Die Ariane 5 kann eine Nutzlast von bis zu 6,8 Tonnen in die Erdumlaufbahn transportieren – mehr als andere Systeme. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, drei bis fünf Satelliten gleichzeitig zu einzuladen, was den Preis senkt. So will man die chinesische Billigkonkurrenz ausstechen.
Dieses Argument läßt sich nicht von der Hand weisen. Aber Arianespace muß natürlich die Starttermine der Satelliten und die Umlaufbahnen aufeinander abstimmten. Wenn sie einen indonesischen Flugkörper über dem indischen Ozean plazieren und gleichzeitig einen Forschungssatelliten zur Sonne schicken wollen, läßt sich das nicht kombinieren. Der Wettbewerbsvorteil der Ariane 5 wäre damit dahin.
Ariane 5 also sterben lassen?
Man darf Ariane 5 nur nutzen, wenn sich das Unternehmen trägt. Wenn jeder Start vom Steuerzahler mit etlichen hundert Millionen Mark subventioniert werden muß, weil sich am Markt keine kostendeckenden Preise erzielen lassen, muß Schluß sein mit der Ariane 5. Interview: Hannes Koch
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