: Britischer Bullensamen hilft Slowenien
Weil die Europäische Union das Exportverbot für britische Rinder gelockert hat, verzichtet die britische Regierung auf einen Boykott des Assoziierungsabkommens der EU mit Ljubljana ■ Von Ralf Sotscheck
Dublin (taz) – Der Wendepunkt sei erreicht, freute sich der britische Außenminister Malcolm Rifkind gestern. Er hatte sich von Italiens Regierungschef Romano Prodi zusichern lassen, mit der Europäischen Kommission vor dem EU-Gipfel in zwei Wochen einen Rahmenplan zur Aufhebung des Exportverbotes für britsches Rindfleisch zu erarbeiten. Das Embargo war am 27. März verhängt worden, nachdem die Londoner Regierung einen Zusammenhang zwischen der Rinderseuche BSE und der beim Menschen auftretenden Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zugegeben hatte. Die Kommission hatte bereits vorgestern beschlossen, das Ausfuhrverbot für Nebenprodukte wie Gelatine, Talg und Bullensamen ab kommendem Montag aufzuheben. Im Gegenzug kündigte Rifkind an, das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Slowenien Anfang nächster Woche nicht zu blockieren. Ein Sprecher der Eu-Kommission erklärte dazu gestern in Brüssel: „Der Kommissionspräsident sieht das als ein Zeichen und ist darüber erfreut.“ Experten der EU-Kommission und Großbritanniens arbeiteten an einem Zeitplan, der nächste Schritte einer Lockerung des Exportverbotes festlegen solle.
Großbritannien hatte der EU in der vergangenen Woche den „Rinderkrieg“ erklärt und seitdem jede Entscheidung blockiert, bei der Einstimmigkeit gefordert war. Damit wollte man die EU zwingen, einen Zeitplan für die vollständige Beendigung des Embargos aufzustellen. Kommissionspräsident Jacques Santer machte vorgestern jedoch deutlich, daß diese Rechnung nicht aufgehen werde. Ein Rahmenplan komme nicht in Frage, solange Großbritannien an „dieser absurden Blockadetaktik“ festhalte. Rifkind setzt nun auf die italienische Regierung, die verhindern will, daß der Gipfel zum Abschluß der italienischen EU-Präsidentschaft in zwei Wochen vom Rinderwahnsinn dominiert werde.
Auch der frühere Außenminister Douglas Hurd meinte, es sähe ziemlich gut aus. „Mit der Hilfe der Italiener müßten wir es schaffen“, glaubt er. Menzies Campbell, der außenpolitische Sprecher der Liberalen Demokraten, sagte dagegen, daß Italien dieses Angebot bereits vor sechs Wochen gemacht habe. „Statt dessen haben wir unsere Partner in Europa mit der albernen Obstruktionspolitik verärgert“, sagte er. Robin Cook von der Labour Party meinte, die Tory- Politik habe dem britischen Ansehen in Europa schwer geschadet.
Die Bundesregierung will trotz der Entscheidung am Einfuhrverbot für Gelatine, Talg und Samen bis September festhalten. Außenminister Klaus Kinkel erklärte, eine Aufhebung des Embargos sei in Deutschland nicht durchsetzbar. Kanzler Helmut Kohl sagte beim deutsch-französischen Gipfel in Dijon, die Gesundheit der Bevölkerung habe Vorrang vor wirtschaftlichen Problemen. Bonn hat erhebliche Zweifel, daß Großbritannien die beschlossenen Maßnahmen zur Ausrottung von BSE konsequent umsetzen werde. Österreich will ebenfalls am Embargo festhalten. Gesundheitsministerin Krammer sagte gestern, sie werde alle Möglichkeiten prüfen um zu verhindern, daß britische Gelatine nach Österreich gelange.
siehe Querspalte Seite 10
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