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Genealogie

■ betr.: „Virtuelle Heimat für Sude ten“, taz vom 30. 5. 96

Mit obigem Artikel suggerieren Sie, daß es auf dem Server www.med.uni-giessen.de im Internet ein Forum für Mitglieder der Sudetendeutschen Landsmannschaft gäbe. Dazu möchte ich als Systemverantwortlicher wie folgt Stellung nehmen:

Bei den Genealogieseiten in Gießen handelt es sich nicht um eine offizielle Verlautbarung der Universität Gießen oder des Fachbereichs Humanmedizin. Die Web-Seiten zum Thema Genealogie sind nicht von Gießener Ärzten zusammengestellt worden, sondern sind eine Kopie von Seiten, die auf dem Server www.genealogy.com in Arizona erstellt wurden. Solche Kopien (Mirror-Sites) sind im Internet durchaus üblich und erwünscht, um unnötige transatlantische Datenübertragungen zu vermeiden. Daß dafür ein Bedarf besteht, beweisen durchschnittlich 500 Zugriffe pro Tag. An der Zusammenstellung der Seiten sind Historiker, Archivare und Hobbygenealogen aus USA, Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligt. Die Genealogie (Familienforschung) befaßt sich mit den verwandtschaftlichen Beziehungen von Einzelpersonen. Sie ist in erster Linie als historische Hilfswissenschaft einzustufen. Ihre Ergebnisse und Methoden werden aber auch von Soziologen und Medizinern (zum Beispiel bei der Familienanamnese) verwendet.

[...] Abgesehen davon, daß hier fälschlich den Gießener Doktoren eine „Überzeugung“ zugeschrieben wird, empfehle ich dem Autor einen Blick in einen Straßen- oder Schulatlas. Die Sudeten (Sudety) sind eine Gebirgslandschaft im Grenzgebiet zwischen Polen und Tschechien. Dazu bedarf es keiner besonderen (politischen) Überzeugung. Die auf der kritisierten Web-Seite benutzte Definition des Begriffs Sudetenland, dessen Bevölkerung bis 1945 überwiegend deutsch sprach, entstammt Meyers Lexikon.

Es geht auf den in Gießen gespiegelten Genealogieseiten in Arizona ausschließlich darum, dem an der Familienforschung Interessierten Möglichkeiten aufzuzeigen, seine Forschungen selbständig weiterzuführen, indem relevante Quellen und Adressen, Kartenmaterial usw. zur Verfügung gestellt werden. Dabei wird nicht nur das Sudetenland behandelt, sondern auch andere Regionen innerhalb und außerhalb der heutigen Grenzen Deutschlands.

Wer in die Seiten zum Gebiet Sudetenland eine politische Aussage hineininterpretieren will, die denen des vergangenen Pfingsttreffens entspricht, braucht eine gehörige Portion Phantasie und bösen Willen. [...] Die Sudetendeutsche Landsmannschaft ist an der Zusammenstellung der Genealogieseiten weder direkt noch indirekt beteiligt. Auch in der Newsgruppe soc. genealogy german ist mir nach eineinhalb Jahren aktiver Mitarbeit noch niemand begegnet, den ich dieser Gruppierung zuordnen würde. Von einer Ausdehnung des Pfingsttreffens über das ganze Jahr hinaus zu reden, ist daher an den Haaren herbeigezogen. Arthur Teschler, Dipl.-Informatiker am Klinikum der Justus- Liebig-Universität Gießen

[...] Ich möchte betonen, daß der in dem Artikel hergestellte Zusammenhang zwischen meinen Seiten und dem Treffen der Sudetendeutschen Landsmannschaft nicht zutreffend ist, da ich weder Mitglied derselben bin noch mit deren Äußerungen übereinstimme. Weiterhin bleibt festzustellen, daß ich mich als Angehöriger des Jahrganges 1967 – wie der Autor des Artikels vermutlich auch – als ganz normaler Bürger deutscher Nationalität betrachte. Dies ändert allerdings nichts an der historischen Tatsache, daß meine Vorfahren väterlicherseits aus einem Gebiet (Nordmähren) stammen, das bis 1946 mehrheitlich von Angehörigen deutscher Nationalität bewohnt wurde und heute Bestandteil des Staatsgebietes der Tschechischen Republik ist.

Im übrigen würde es mit Sicherheit auch dem Ruf einer linksgerichteten Zeitung nicht schaden, wenn deren Artikel sorgfältiger recherchiert würden und insbesondere die verwendeten Begriffe nicht darauf schließen lassen, daß der Autor keinen Unterschied zwischen geographischen Bezeichnungen und den von Volksgruppen kennt. Abschließend bleibt zu hoffen, daß zukünftig in Ihrem Blatt Urteile über die persönlichen Qualifikationen Unbekannter unterbleiben. Andreas Hanacek

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